Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZELDA
(getauft am
04.11.2012)
Am
04.11. war über weiten Teilen Europas ein Kaltlufttrog in der mittleren
Troposphäre, also ein Kaltluftvorstoß nach Süden in einer Höhe von
ca. 5,5 km, bei dem das Zentrum des Höhentiefs über Irland lag, bestimmend. Der
Bereich der stärksten Strömung verlief von Grönland nach Süden bis zum 40.
nördlichen Breitengrad und drehte dort scharf nach Osten ab. Vom Golf von
Biskaya über Mitteleuropa bis zu einer Linie Baltikum-Ukraine gab es eine dichte
Liniendrängung des Geopotentials, bei der die kalte Höhenluft über der Nordsee
von der warmen Höhenluft südlich der Alpen auf einem vergleichsweise geringen
Gebiet voneinander getrennt war und dementsprechend starke Winde auftraten. Die
höchsten durch Radiosondenaufstiege gemessenen Werte wurden aus Amsterdam und
Königsberg mit je ca. 100 Knoten in der Höhe gemeldet, was etwa 185 km/h
entspricht. Erst über Westrussland verzweigte sich diese Strömung wieder,
sodass der Höhenwind deutlich nachließ.
Im
Bodenniveau war das steuernde Tief XANTHIPPE über Irland bestimmend. In dieser
Strömung entgegen dem Uhrzeigersinn bildete sich im Bereich der vorher
beschriebenen dichten Drängung der Geopotentiallinien nordwestlich der
Iberischen Halbinsel ein neues Tiefdruckgebiet, welches noch am gleichen Tag
auf den Namen ZELDA getauft wurde. Anfangs besaß Tief ZELDA einen Kerndruck von
1000 hPa und ihm konnte eine langgezogene Kaltfront zugeordnet werden, die sich
entlang der Frontalzone nach Westen bis zur Inselgruppe der Azoren erstreckte.
Bis
zum 05.11. konnte sich Tief ZELDA zu einem deutlich erkennbaren Wolkenwirbel
entwickeln, da es nicht nur begann das steuernden Tief von XANTHIPPE in seine
Zirkulation aufnahm, sondern auch einige kleine Randtiefs über Süd- und Osteuropa
inklusive deren Frontensysteme. So erstreckte sich das Zentrum von Tief ZELDA
entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste, wobei sich im Bereich des Zentrums
schon eine Okklusionsfront, also eine Mischform mit Warm- und
Kaltfronteigenschaften gebildet hatte. Über Polen verzweigte sich diese in eine
Warmfront, die bis nach Weißrussland reichte, und eine Kaltfront, die sich
zusammen mit den Resten eines Randtiefs über Italien entlang des westlichen
Mittelmeeres bis nach Madeira erstreckte. Der Kerndruck hatte sich auf unter
993 hPa vertieft. Starker Regen fiel dabei in England mit bis zu 27 l/m²
innerhalb von 12 Stunden. Vor allem über Süddeutschland kam es in Verbindung
mit dem Randtief über Italien zu intensiven Hebungsvorgängen, sodass südlich
der Donau und am Alpenrand bis zu 30 l/m² innerhalb von 12 Stunden gemessen
wurden. Die Zugspitze meldete sogar 31 l/m² im selben Zeitraum und eine
Erhöhung der Schneedecke auf 60 cm. Weiter nach Norden nahmen die
Niederschlagsmengen deutlich ab und lagen überwiegend im einstelligen Bereich. Erst
wieder nördlich einer Linie Norderney-Angermünde stiegen die
Niederschlagsmengen wieder auf 5 bis 8 l/m² innerhalb von 12 Stunden, von der
Station in Schleswig wurden z.B. 13 l/m² gemeldet. Südlich bzw. südöstlich der
Alpen gab es orographisch bedingt sogar noch stärkere Niederschläge und
deutlich höhere 12-stündige Summen. Kötschach-Mauthen in Österreich meldete 66
l/m², Aviano in Italien 53 l/m² und Kredarica in Slowenien 105 l/m². Die
Höchstwerte in Deutschland wiesen mit dem Durchzug dieser kräftigen
Regengebiete ein Nord-Süd-Gefälle auf, vorher erreichten die Werte 16°C,
während es am Folgetag fast einheitliche 8 bis 11°C waren.
Am
06.11. verlagerte sich das Zentrum des Höhentiefs zum Baltikum. Der Kern des
Bodentiefs ZELDA erreichte ebenfalls diese Region, wobei sich das Frontensystem
aufgrund der von Süden nach Norden gerichteten Höhenströmung auf die östliche
Seite beschränkte. Bei einem Kerndruck von inzwischen knapp unter 985 hPa
erstreckte sich die Warmfront von Tief ZELDA von dort aus bis zu den südlichen
Ausläufern des Urals und die Kaltfront über die Ukraine bis zum Balkan.
Kräftige Niederschläge in Form von Regen fielen in St. Petersburg mit 20 l/m²
und in Minsk mit 27 l/m². In Tallinn war mit 22 l/m² innerhalb von 24 Stunden
der Regen teils mit Schnee vermischt und in Helsinki fiel der Niederschlag mit
ebenfalls 22 l/m² überwiegend als Schnee.
Am
07.11. wurde das Zentrum von Tief ZELDA vom Höhentiefzentrum getrennt und
gelangte östlich davon in eine nördliche bis nordwestliche Höhenströmung.
Dennoch konnte sich der Kerndruck durch die Höhenkaltluft weiter verstärken und
erreichte 975 hPa. Die Kaltfront, die sich entlang der Wolga bis zum Schwarzen
Meer erstreckte, kam der Warmfront von ZELDA immer näher, da diese sich kaum
verlagerte und weiterhin vom Weißen Meer bis zum südlichen Ural reichte. Der
Grund für das langsame Vorankommen in Richtung Osten war ein Hochdruckgebiet
über Nordwestsibirien, welches die Frontenverlagerung bremste. Mit dem Durchzug
der Kaltfront gab es vereinzelt nochmals zweistellige Niederschlagsmengen im
Nordwesten Russlands. Beispielsweise sei hier Moskau mit einer Gesamtmenge von
19 l/m² innerhalb von 24 Stunden aufgeführt.
Am
08.11. vereinigte sich Tiefdruckgebiet ZELDA mit den Resten seines Nachfolgers
ANNKATHRIN und konnte sich nochmals auf seinen tiefsten Kerndruck von etwa 963
hPa verstärken. Das Zentrum lag inzwischen nördlich der Kolahalbinsel. Die
Okklusionsfront von Tief ZELDA war aufgrund des weiterhin starken Hochs über Nordwestsibirien
nicht mehr im Bodenniveau, sondern nur noch in der Höhe analysierbar.
Mit
einem sich leicht abgeschwächten Kerndruck und dem Tiefzentrum zwischen
Spitzbergen und Nowaja Semlja konnte sich Tief ZELDA auch am folgenden Tag
weiterhin auf der Bodenkarte behaupten. Die bei der Vereinigung mit Tief
ANNKATHRIN entstandene Okklusionsfront südlich des Zentrums beeinflusste den
Norden Skandinaviens mit leichtem Schneefall.
Am
10.11. zog das Zentrum von ZELDA mit der Höhenströmung in Richtung Nordpol. Die
Okklusionsfront, die sich noch über Nowaja Semlja bis nach Nordwestrussland
erstreckte, löste sich rasch auf, wodurch Tiefdruckgebiet ZELDA an diesem Tag
letztmalig auf der Berliner Wetterkarte erschien.
Geschrieben am 03.01.2013 von Matthias Treinzen
Berliner Wetterkarte: 04. oder 05.11.2012
Pate: Thilo Nemitz