Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZELJKO
(getauft
am 24.07.2015)
Die Temperaturgegensätze zwischen den
nördlichen Regionen mit homogener Kaltluft und den wärmeren Luftmassen aus dem
Süden sind immer wieder Ursache zur Entstehung von Tiefdruckgebieten. Besonders
in den Wintermonaten sind diese Gegensätze sehr hoch, in Sommermonaten sind
daher ausgedehnte Sturmlagen selten der Fall. Ende Juli 2015 entwickelte sich jedoch
über dem zentralen Atlantik zwischen maritimer Polarluft im Norden und
maritimer Subtropikluft aus dem Süden ein sich rasch verstärkender
Tiefdruckwirbel, welcher in der Bodenanalyse vom 14.07. um 00 Uhr UTC, das
heißt 01 Uhr MEZ, südwestlich der Bretagne analysiert wurde. Folglich wurde das
Tiefdruckgebiet in der Analyse auf den Namen ZELJKO getauft. Das Tief ZELJKO
lag dabei entwicklungsgünstig auf der Vorderseite eines Kurzwellentroges,
dessen Achse von Irland bis zur Biskaya reichte, und verstärke sich zum
Folgetag bereits auf unter 995 hPa. Als Trog wir ein Vorstoß kalter Luftmassen
nach Süden bezeichnet. Am Tag der Taufe lag der Kerndruck noch bei unter 1010
hPa. Vom Zentrum des Wirbels erstreckte sich die Okklusion, eine Front, die
durch das Einholen der Warmfront durch die schneller ziehende hintere Kaltfront
entsteht und folglich die Eigenschaften beider Frontentypen vereint, in einem
Bogen nach Südwesten sowie nach Südosten und ging über Nordportugal in eine
Kaltfront über, welche sich der Warmfront eines kräftigen Wirbels über
Neufundland, anschloss.
Am 25.07. erreichte das Sturmtief ZELJKO
mit seinem Kern bereits die Rheinmündung. Auch der dazugehörige Kurzwellentrog
schwenkte nach England und Frankreich. Bis 06 Uhr UTC fiel der Kerndruck auf
unter 995 hPa, eine selten kräftige Zyklongenese für den Sommer auf Grund der
erwähnten geringeren Temperaturgegensätze. Südlich des Kernes drängten sich die
Isobaren, also Linien gleichen Luftdrucks, so dass dementsprechend schwere
Sturmböen die Folge waren. Von der nordfranzösischen Küste zog sich die
Okklusionsfront des Tiefs ZELJKO bis zum Kern und schließlich zum
Okklusionspunkt nordöstlich von Amsterdam. Von dort erstreckte sich die
Warmfront über Deutschland, Ungarn und ging über den Karpaten in die Kaltfront
des vorlaufenden Tiefs YAKARI III über Nordrussland über. Die westlich der
Warmfront gelegene Kaltfront verlief über den Westen Deutschlands, die Schweiz,
Spanien bis über den Atlantik auf Breite von Rabat, wo diese in die Warmfront
des Tiefs ANDREAS über dem Atlantik überging.
Das Sturmfeld an der Südflanke des Tiefs
ZELJKO griff am Vormittag auf Deutschland über. Dabei wurden verbreitet Böen
der Stärke 8 bis 9, am Nachmittag örtlich auch schwere Sturmböen der Stärke 10
bis 11 registriert. Auf dem 1142 m hohen Brocken wurden an der Station sogar
159 km/h gemessen, dies entspricht Windstärke 12. Auf Helgoland wurde eine
Spitzenböe von 90 km/h registriert, was immerhin Windstärke 10 zugeordnet
werden kann. In Berlin traten die höchsten Windgeschwindigkeiten bis Stärke 9
in der ersten Nachthälfte auf. Bis 18 Uhr UTC fielen im Einflussbereich des
Sturmtiefs ZELJKO beim Durchzug der Kaltfront innerhalb von 6 Stunden 20 l/m²
im holländischen Deelen, 13 l/m² in Ahaus, in Emden
und in List auf Sylt 14 l/m² und in Schleswig 19 l/m². Die an das Tief ZELJKO gekoppelten
Niederschläge waren vor allem im Nordwesten Deutschlands ergiebig. Im Osten
Deutschlands summierten sich die 24-stündigen Niederschlagssummen nur auf 3
l/m² in Wittenberg, wobei der Wert in Schleswig bei 52 l/m² lag. Auch in
Dänemark wurden bis zu 40 l/m² und in Schweden 20 bis 30 l/m² in einem
Beobachtungszeitraum von 24 Stunden bis 06 Uhr UTC gemessen. Ebenfalls in Polen
brachten die Gewitter örtlich bis zu 30 l/m². Am Düsseldorfer Flughafen fiel
die Temperatur nach Durchzug der Kaltfront von anfänglich 20°C um 07 Uhr UTC
auf 15°C um 01 Uhr UTC. So stiegen die Höchstwerte im Osten Deutschlands bis
auf 30°C in Manschnow, in Ostpolen stieg die Temperatur sogar auf 33°C. Auch in
Wien wurden 33°C erreicht, in Budapest 36°C. In der Westhälfte Deutschlands wurde
dagegen vielerorts nicht einmal ein Sommertag erreicht, wofür mindestens 25°C
nötig sind. Während am Nachmittag in Brandenburg Werte bis zu 28°C gemessen
wurden, verzeichnete man im Münsterland bei Dauerregen nur noch 13°C.
Zum 26.07. verlagerte sich das Zentrum des
Tiefs ZELJKO zum Skagerrak. Eine Höhenokklusion erstreckte sich vom Tiefdruckzentrum
nach Südosten sowie eine weitere als eine am Boden analysierbare Front bis über
die Ostsee östlich von Stockholm. Dort spaltete sich die Front in eine über
Zentralrussland reichende Warmfront sowie in eine Kaltfront auf, welche über
Polen und Ungarn bis zur Adria führte und dort in eine Warmfront überging. Der
Kerndruck des Sturmtiefs ZELJKO blieb dabei unverändert bei ca. 995 hPa. Die
Sturmaktivität des Wirbels ZELJKO nahm weiter ab, so dass in Skandinavien und
an der deutschen Ostseeküste meist nur noch steifer bis stürmischer Wind
registriert werden konnte. An der 869 m hohen Station Idre
Fjall in Schweden konnten immerhin noch 90 km/h als
Spitzenböe gemessen werden. Dies entspricht der Windstärke 10. Örtlich fiel der
Regen recht ergiebig aus. In 24 Stunden bis zum Frühtermin fielen an der
finnischen Station Sodankyla Vuotso
26 l/m², wovon 20 l/m² in den letzten 12 Stunden fielen. Aus dem schwedischen Gällivare wurden 29 l/m² und aus Nikkaluokta
37 l/m² gemeldet. In Norwegen fielen die Niederschläge weniger ergiebig aus.
Die Station Seljelia registrierte allerdings 18 l/m²,
wovon 11 l/m² in einem Zeitraum von 12 Stunden fielen. Ähnlich fielen die
Niederschlagshöhen im äußersten Westen Russland aus, wobei bis zu 48 l/m² im
selben Zeitraum fielen, wie an der Station Spas-Demensk.
Im weiteren Verlauf kam das Tief ZELJKO nur
langsam nach Nordosten voran. Vom Zentrum verlief eine Höhenokklusion
bogenförmig über Finnland bis zum Okklusionspunkt über St. Petersburg. Die
Warmfront zog sich von dort nach Südosten und ging über Wolgograd in eine Kaltfront
über. Die nachfolgende Kaltfront erstreckte sich bis zum Schwarzen Meer und
verlief von dort weiter nach Westen bis zu einem unbenannten Tief über Norditalien.
Im Warmluftsektor der Zyklone befand sich ein weiterer Tiefdruckkern mit einer
zugehörigen Konvergenz. Dabei fließt Luft am Boden zusammen und steigt auf,
wodurch sich an einer Konvergenz oftmals Gewitter bilden. Die Luftmassengrenze
mit den Temperaturgegensätzen blieb weiterhin stark ausgebildet, so dass sich
insbesondere im Großraum Moskau zahlreiche Gewitter bildeten. Bis zum Morgen
des Folgetages summierten sich dort die Niederschläge bis 06 Uhr UTC auf 39
l/m². An den umliegenden Stationen wurden bis zu 43 l/m² registriert, wie in Spas-Demensk, 40 l/m² in Malojaroslavek
oder 22 l/m² in Wjasma. Auch aus Polen und der
Ukraine wurden gewittrige Schauer gemeldet. Im selben Zeitraum fielen an der
ukrainischen Station Mohyliv-Podilskyi 16 l/m², in Polen
bis auf die Station Elblag mit 3 l/m² meist nur Werte
unter 1 l/m².
Der Höhenströmung folgend verlagerte sich
der Wirbel ZELJKO mit seinem 995 hPa betragenden Kerndruck weiter nach Nordwesten
und lag am 28.07. vor der norwegischen Küste. Von dort erstreckte sich die
zugehörige Okklusion des Systems in einem weiten Bogen bis zur Halbinsel Kola.
Die Warmfront zog sich nur ein wenig weiter nach Südosten über Russland, die
Kaltfront dagegen verband sich südwestlich von Archangelsk mit einem
unbenannten Tief. Dabei fielen im Norden Russlands 12-stündig bis zum
Abendtermin in Segeza 13 l/m² und in Raznavolok sogar 23 l/m².
Am 29.07. befand sich der Wirbel ZELJKO
bereits über dem Europäischen Nordmeer. Der Kerndruck der Zyklone stieg auf 1000
hPa an. Vom Kern verlief eine Kaltfront nach Süden entlang der norwegischen
Küste. Eine Okklusionsfront führte über Spitzbergen bis nach Finnland und ging
in ein dort befindliches unbenanntes Tiefdruckgebiet über.
Am 30.07. wurde das Tiefdruckgebiet ZELJKO
letztmalig namentlich auf der Berliner Wetterkarte erwähnt. Der Kern der
Zyklone ZELJKO befand sich um 00 Uhr UTC nordöstlich von Jan Mayen. Von dort
verlief eine Okklusion weit gen Norden sowie weiter über Spitzbergen und
spaltete sich schließlich in Warm- und Kaltfront auf. Die Warmfront verlief
über Nordskandinavien bis über Perm in Russland. Die Kaltfront verlief über
Nordnorwegen und ging in die bereits erwähnte unbenannte Zyklone über.
Geschrieben
am 02.09.2015 von Natja Bublitz
Berliner
Wetterkarte: 25.07.2015
Pate:
Zeljko Jeremic