Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZENITH

(getauft am 20.10.2013)

 

Am 18.10. bildete sich über dem Sankt-Lorenz-Strom ein neues Tiefdruckgebiet, welches sich ostwärts nach Neufundland verlagerte. Dieses Tiefdruckgebiet war in eine westliche Höhenströmung eingebettet, die bis zu den Azoren verlief und erst von dort um ein Höhentief herum nach Mitteleuropa gelenkt wurde. Im Laufe des folgenden Tages verstärkte sich das Tief auf einen Kerndruck von etwa 998 hPa und schloss sich mit einem weiteren, von Westen heranziehenden, Tiefdruckgebiet zusammen. Gleichzeitig bildete sich in der mittleren Troposphäre in einer Höhe von 5,5 km über dem vereinigten Bodentief ein Höhentief, das eine weitere Entwicklung und auch Verstärkung begünstigte.

Am 20.10. wurde dieses Tiefdruckgebiet auf den Namen ZENITH getauft. Sowohl das Zentrum von Tief ZENITH als auch das des Höhentiefs befanden sich etwa 1000 km östlich von Neufundland. Während nur noch ein Zentrum mit einem Kerndruck von knapp unter 985 hPa analysiert werden konnte, waren noch zwei Frontensysteme erkennbar. Die östlichere Front verlief als Okklusionsfront vom Zentrum aus südostwärts bis zu den Azoren und teilte sich erst dort in eine sehr kurze, weiter nach Südosten verlaufende Warmfront und eine von Süden nach Südwesten verlaufende Kaltfront. Bei einer Okklusionsfront handelt es sich um eine Front, die Warm- und Kaltfronteigenschaften in sich vereint. Beim Durchgang der dicht aufeinander folgenden Warm- und Kaltfront über die Azoren in den Morgenstunden fielen an der Station Lajes 2 l/m². Dahinter konnte sich wieder die Sonne durchsetzen, sodass für diesen Tag eine Höchsttemperatur von 25°C registriert wurde.

Das westlichere Frontensystem überquerte die Azoren in der Nacht zum 21.10., brachte aber an der Wetterstation in Lajes keinen Niederschlag. In der eingeflossenen kühleren Luftmasse erreichte die Höchsttemperatur im Laufe des Tages dort aber nur noch 20°C. Tiefdruckgebiet ZENITH verlagerte sich mit der Höhenströmung langsam nach Osten in Richtung Irland. Dabei verstärkte sich der Kerndruck auf 983 hPa.

Am 22.10. kam das Höhentief weiter nach Osten voran und erreichte Irland und Großbritannien. Tief ZENITH gelangte unter direkten Einfluss der  Höhenströmung, die nach Nordosten gerichtet war. Dementsprechend zog das Zentrum von Tief ZENITH zur Westküste Irlands. Die Warmfront verlief vom Zentrum aus über Schottland und Dänemark nach Brandenburg, die Kaltfront südwärts entlang der irischen Westküste zur Westküste Portugals und von dort westwärts hinaus auf den Nordatlantik. Im Bereich der Warmfront regnete es in Irland und Großbritannien verbreitet ergiebig. So meldete Glasgow nach dem Frontdurchgang 26 l/m², Belfast 21 l/m² und Edinburgh 12 l/m². Das großräumige Regengebiet reichte weiter über Dänemark und Südnorwegen bis nach Südschweden. In Kopenhagen wurden 19 l/m², in Göteborg 16 l/m² und in Helsingborg 17 l/m² registriert. Von den ergiebigen Niederschlägen wurde nur der Norden Schleswig-Holsteins gestreift, wobei in List auf Sylt 14 l/m² innerhalb von 24 Stunden fielen. Ganz andere Niederschlagssummen kamen im Bereich der Kaltfront von Tief ZENITH beim Überqueren der Iberischen Halbinsel zusammen. Die konvektiv durchsetzten Regengebiete lösten schauerartige Niederschläge aus. Als Beispiel seien hier Lissabon mit 28 l/m², Porto mit 40 l/m² und La Coruna mit 62 l/m² innerhalb von 24 Stunden angeführt. Gleichzeitig wurde im Warmluftsektor, der Bereich zwischen der Warm- und der Kaltfront, subtropische Luft nach Deutschland geführt. Während fast überall eine Höchsttemperatur von 20°C gemessen wurde, gab es an einigen Stationen sogar neue Rekordwerte für die letzte Oktoberdekade. Beispielsweise meldete der Flughafen in Frankfurt am Main 23,8°C als Höchsttemperatur. Der bisherige Höchstwert stammte aus dem Jahre 1943, wo 22,7°C registriert wurden. Auch in Berlin-Dahlem wurde für die letzte Oktoberdekade mit 21,9°C ein neuer Höchstwert erreicht. Hier schien die Sonne mit 9,3 Stunden deutschlandweit am längsten, was 91% des astronomisch möglichen Wertes entspricht. Die folgende Nacht war in weiten Teilen Deutschlands sehr mild. Vom Saarland über Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bis in den Nordosten Deutschlands gingen die Tiefstwerte verbreitet nur auf 16 bis 13°C zurück. Bis 7 Uhr MEZ erreichte die Kaltfront eine Linie Schwarzwald-Usedom, wobei die kräftigsten Niederschläge vom Saarland bis nach Köln fielen. Innerhalb von 12 Stunden registrierten die Messstationen in Idar-Oberstein mit 34 l/m², in Berus 44 l/m² und Tholey 54 l/m² Regen.

Am 23.10. überquerte die langgestreckte Kaltfront von Tief ZENITH, die von Südnorwegen über Frankreich und Spanien bis zu den Kanaren reichte, Deutschland von West nach Ost. Dabei fielen nur noch in Baden-Württemberg, im Saarland und Hessen nennenswerte Niederschlagsmengen von 5 bis 10 l/m² innerhalb von 12 Stunden. In Locarno in der Schweiz waren die Niederschläge mit 58 l/m² innerhalb eines Tages deutlich intensiver. Das Zentrum von Tiefdruckgebiet ZENITH wurde an diesem Tag nordwestlich von Schottland mit einem Kerndruck von etwa 980 hPa analysiert. In dem Ort Stornoway, welcher sich im Bereich des Zentrums befand, fielen 27 l/m² innerhalb von 24 Stunden, ebenso in Oslo. In Bergen im Südwesten von Norwegen kommt es bei westlich bis südwestlicher Anströmung häufig zu Stauniederschlägen. An diesem Tag summierte sich die Regenmenge hier auf 75 l/m² innerhalb von 24 Stunden. In der Schweiz führten ähnliche Bedingungen an den Alpen zu Tagesregenmengen von 15 l/m² in Zürich, 20 l/m² in Genf und nochmals 59 l/m² in Locarno.

Am 24.10. setzte bei Tiefdruckgebiet ZENITH die Abschwächung ein. Trotz eines unveränderten Kerndrucks von etwa 980 hPa waren im Bereich der Fronten kaum noch zusammenhängende Wolkengebiete zu erkennen. Vom Zentrum aus, welches sich über dem Europäischen Nordmeer befand, verlief eine kurze Warmfront ostwärts bis zum nördlichen Bottnischen Meerbusen, die Kaltfront über Südnorwegen bis nach Dänemark. In Bergen kam es nochmals zu leichten Stauniederschlägen, die 24-stündig 20 l/m² brachten, in Trondheim waren es 4 l/m².

Am folgenden Tag löste sich das Höhentief über dem Zentrum des Wirbels ZENITH auf, sodass nun auch der Kerndruck rasch anstieg und nur noch bei etwa 992 hPa lag. Die Zyklone gliederte sich damit in die von West nach Ost verlaufende Höhenströmung ein und verlagerte sich bis zum 27.10. über Finnland und dem Weißen Meer zum Ural. Bis auf leichten Schneefall im Ural war das Tief ZENITH kaum noch wetterwirksam und löste sich dort nach einer Lebensdauer von 10 Tagen auf.

 


Geschrieben von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 24.10.2013

Pate: Roland Dietze