Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZENO
(getauft am
09.05.2017)
Am 9. Mai befand
sich ein ausgedehntes, hochreichendes Tiefdruckgebiet
im Bodenniveau über dem Nordatlantik mit einem Tiefdruckzentrum nordwestlich
der Azoren. Es reichte bis auf eine Höhe von 5,5 km. Daher konnte man es auf
der Höhenwetterkarte als Höhentief, also als ein mit Kaltluft angefülltes Tief,
wahrnehmen. Am selbigen Tag deutete sich eine Austrogung
der Isobaren, der Linien gleichen Luftdruckes, zur östlichen Himmelsrichtung
an. Damit gelangte Mittel- und Westeuropa in den Bereich einer südwestlichen
Höhenströmung mit der feucht-warme Luftmassen subtropischen Ursprungs
herangeführt wurden. Im Tagesverlauf bildete sich am Okklusionspunkt des
Nordatlantiktiefs ein sogenanntes Teiltief aus. Als Okklusionspunkt bezeichnet
man in der Meteorologie den Punkt, an dem die schneller ziehende Kaltfront die
vor ihr ziehende Warmfront eingeholt und die warme Luft vom Boden angehoben
hat. Somit entsteht mit der
Okklusion ein Frontentyp, der die Eigenschaften von
Kalt- und Warmfronten in sich vereint. Anzeichen für diese Teiltiefentwicklung
war die starke Austrogung der Isobaren am
Okklusionspunkt. Da Teiltiefdruckgebiete die Eigenschaft besitzen meist rasch
in Richtung der Isobaren des Warmsektors nach Osten zu ziehen und sich somit
vollständig vom Haupttief abzuschnüren, wurde das Teiltief von der Berliner
Wetterkarte noch am gleichen Tag in der Prognose auf den Namen ZENO getauft.
Erst am Tag nach
der Taufe trat das Teiltief erstmalig auf der Berliner Wetterkarte auf. Um 00
Uhr UTC, also 01 Uhr MEZ, lag der Kern nordöstlich der Azorengruppe mit einem
Luftdruck von ca. 1000 hPa. Der Kern war über die Okklusionsfront mit dem
Haupttief nordwestlich der Inselgruppe verbunden. Die Front verlief in östlicher
Richtung weiter bis nach Spanien, wo sie sich über der Nordküste Galiciens am
Okklusionspunkt in eine bis zum Balearen-Meer reichende Warmfront und in eine
Kaltfront, die sich in einem Bogen über Portugal und Spanien bis zu den
Kanarischen Inseln hinzog, teilte. Durch die Nähe zu den Ausläufern des
Teiltiefs ZENO und derer des dazugehörigen Haupttiefs konnte insbesondere die Insel
Terceira bis zum Abend des 9. Mai eine 6-stündige
Niederschlagsmenge von 42 mm in Lajes Field, einem Militärflugplatz der portugiesischen
Luftstreitkräfte, aufzeichnen. Erwähnenswert ist, dass sich das
Niederschlagsband nur über dem Norden der Insel befand. Somit konnte dieser
auch nur 3 Stunden Sonne verzeichnen, während die Hauptstadt Angra do Heroísmo, zu Deutsch auch Bucht der Heldenhaftigkeit, 9
Sonnenstunden vorweisen konnte. Die Kaltfront von Teiltief ZENO, die bis zum
Morgen um 06 Uhr UTC die Kanarischen Inseln überquerte, brachte dort hingegen
keine nennenswerten Niederschläge. Dichtere Bewölkung ließ auf den westlichen Inseln,
beispielsweise in St. Cruz auf La Palma und in Los Rodeos auf Teneriffa, nur 3
bis 4 Stunden Sonne zu. Bis zum gleichen Zeitpunkt verursachte die Warmfront im
Norden Spaniens teils zweistellige Niederschlagssummen, wie z.B. 17 mm im
Baskenland. Am Okklusionspunkt und entlang der Okklusionfront
kamen die höchsten Regenmengen in Galicien zusammen. Innerhalb von 12 Stunden
fielen in der Provinz Ourense am unteren Tal des
Flusses Sil fast 60 mm. In Portugal wurde in Porto,
der nach Lissabon zweitgrößten Stadt des Landes, mit 8 mm die landesweit
höchste Niederschlagssumme registriert.
Im Tagesverlauf
wurden auch vereinzelte Gewitter ausgelöst. Mit dem Regen und den Gewittern kam
auch die Abkühlung. Während am 9. Mai noch in nahezu ganz Spanien ein Sommertag,
also Höchsttemperaturen von mindestens 25°C, verzeichnet werden konnten, stieg
die Temperatur am 10. Mai nur noch im niederschlagsfreien Warmsektor von
Teiltief ZENO vom Baskenland bis Katalonien und an der südlichen
Mittelmeerküste bei maximal 10 Sonnenstunden auf bis zu 29°C. In den restlichen
Landesteilen waren Werte knapp über 20°C anzutreffen und im regenreichen
Galicien stiegen die Temperaturen auf nur noch 14 bis 20°C bei maximal 1 bis 4
Stunden Sonne.
Während sich der
ausgedehnte Höhenwirbel, der in den vergangenen Tagen bei den Azoren verweilte,
nun weiter ostwärts bis über die Nordwestspitze der Iberischen Halbinsel
verlagerte, zog dazu korrespondierend das zugehörige Bodentief ZENO
nordostwärts in Richtung Großbritannien. Zunehmend stieg auch der Einfluss der
Zyklone auf Norddeutschland durch die Zufuhr warmer feuchter Meeresluft. Tief
ZENO löste sich vom Haupttief ab und war nun, wie auf der Bodenkarte der
Berliner Wetterkarte gut erkennbar, ein eigenständiges Tiefdruckgebilde, das
wiederum ein unbenanntes Teiltief durch Austrogung
der Isobaren im Osten ausbildete. Zum Nachttermin des 11. Mai konnte der
Tiefdruckkern mit einem auf etwa 990 hPa gesunkenen Luftdruck ungefähr 700 km
westlich der Westküste Galiciens über dem Nordatlantik lokalisiert werden. Vom
Kern abgehend verliefen eine Warmfront ostwärts über die Biskaya, die Nordküste
Frankreichs, Belgien bis zum Rhein und nach Westen eine sich über den
Nordatlantik erstreckende Okklusionsfront, die nach ca. 1000 km in eine
Kaltfront überging.
Bis zum Abend
lösten Tiefausläufer neben Nordspanien auch in Frankreich, im südlichen
Großbritannien und in West- sowie Süddeutschland Niederschläge aus. Im
Südwesten Frankreichs, an der Straße von Dover und in Brüssel wurden im
Tagesverlauf vereinzelt mäßige bis starke Gewitter teils mit Starkregen
gemeldet. So fielen im französischen Agen bei Toulouse 3-stündig 10 mm bis 15
Uhr UTC. In Brüssel kam bis zum Abend eine 6-stündige Niederschlagssumme von 14
mm zusammen. Wesentlich intensiver waren die Niederschläge im Südosten
Frankreichs, wo bis 18 Uhr UTC in Aubenas
nordwestlich von Orange 67 mm Regen innerhalb von 6 Stunden fielen, einstündig
waren es sogar am Nachmittag bis 24 mm. Dort stiegen die Temperaturen auch nur
auf 14°C an, wohingegen im weniger verregneten Orange 6 Grad mehr gemessen
wurden. Im unweit entfernten Montelimar wurde mit 57
mm eine ähnlich hohe Niederschlagsmenge vermerkt. Im gleichen Zeitraum wurde in
Südengland, in Little Rissington, mit 8 mm die
dortige höchste Niederschlagssumme gemeldet. Auf der Ostseite von Tief ZENO
gelangten warme Luftmassen teilweise subtropischen Ursprungs in den Westen und
Süden Deutschlands und ließen dort trotz zeitweise vieler Wolken und nur 2 bis
4 Stunden Sonne die Temperatur in der Oberrheinebene, wie beispielsweise in
Frankfurt am Main und in Mannheim, bis 24°C ansteigen.
In der Nacht zum
12. Mai griff die Front, die für die hohen Niederschlagswerte im Südosten
Frankreichs verantwortlich war, auf die Westhälfte Deutschlands über und
brachte gebietsweise Regen, wobei jedoch die Niederschlagsmengen im Vergleich verhältnismäßig
gering ausfielen. Nur örtlich wurden 6-stündig bis 06 Uhr UTC in Nordrhein-Westfalen
und in der Oberrheinebene bis 5 mm gemessen. Tiefdruckwirbel ZENO verlagerte
sich unter leichter Abschwächung nordostwärts zum Ärmelkanal. Der Kern besaß
einen Luftdruck von ca. 992 hPa. Vom Kern ausgehend erstreckte sich
südwestwärts über den Nordatlantik eine Kaltfront bis Madeira und ostwärts eine
kurze Okklusionsfront, welche sich im Okklusionspunkt über der Straße von Dover
in eine Warmfront bis nach Karlsruhe und eine Kaltfront bogenförmig bis nach
Marokko verlaufend teilte. In dessen Einflussbereich kam es
in labiler Schichtung im Tagesverlauf in Deutschland zu zum Teil kräftigen
Niederschlägen mit Blitz und Donner. Nur der Nordosten blieb davon ausgespart.
Die höchste Gewitteraktivität wurde im Westen und Süden sowie einem breiten
Streifen vom Emsland bis zur Lausitz beobachtet. Daher waren die
Niederschlagswerte recht unterschiedlich. Im Westen gab es maximal 20 mm und in
Oberbayern in Unterreit-Wagenstatt kamen bis zum Folgetag innerhalb von 24
Stunden 32 mm zusammen. Im Berliner Raum wurde nur der Fläming von
Gewitterschauern mit bis zu 7 mm gestreift. Bei 10 bis 12 Stunden Sonne konnten
Berlin und Potsdam mit über 25°C den ersten Sommertag in diesem Jahr
verzeichnen.
Der Kern von Tief
ZENO verlagerte sich im Laufe des Tages vom Ärmelkanal nordwärts über
Großbritannien. Im Bereich des Kerns konnte man an der walisischen
Wetterstation Dyffryn Mymbyr
unweit des Dorfes Capel Curig
bis zum nächsten Morgen eine 24-stündige Niederschlagssumme von knapp 18 mm
vermerken. Daher kommt es nicht von ungefähr, dass Capel
Curig als nassester Ort der Britischen Inseln gilt.
Nur die Station Finner im nordwestlichen Irland
konnte eine noch höhere Regenmenge im gleichen Zeitraum von 24 mm vorweisen.
Am 13. Mai um 00
Uhr UTC wurde der Tiefdruckkern der Zyklone ZENO über der Isle of Man, eine
Insel in der Irischen See, analysiert. Der Kerndruck schwächte sich auf etwa
996 hPa ab. Den Kern umlaufend erstreckte sich die Okklusionsfront bis
Edinburgh, von wo sich dann die Warmfront über die Nordsee bis zu den
Ostfriesischen Inseln erstreckte. Dort ging sie anschließend in eine Kaltfront
eines unbenannten Tiefs über Nordwestdeutschland über. Die nachlaufende
Kaltfront zog sich vom Okklusionspunkt bogenförmig nach Südwesten, bis sie etwa
300 km östlich von Lissabon endete.
Tief ZENO wurde
rasch im Tagesverlauf in die Zirkulation des über dem Nordatlantik
herannahenden Sturmwirbels ALEXANDER einbezogen, welcher somit an Stärke gewann
und sich weiter nach Norden verlagerte. Damit blieb über dem Nordostatlantik in
den darauffolgenden Tagen ein komplexes Tiefdrucksystem erhalten, auf dessen
Südost- und Ostseite zunehmend wärmere Luftmassen nach Mitteleuropa geführt
wurden.
Infolgedessen
konnte Tiefdruckwirbel ZENO das letzte Mal am 13. Mai als eigenständiges
Tiefdruckgebilde im Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte erfasst
werden.
Geschrieben
am 29.08.2017 von Lisa-Marie Schulze
Berliner
Wetterkarte: 12.05.2017
Pate:
Josefine Welte