Lebensgeschichte
Tiefdruckgebiet
ZLATAN
(getauft
am 18.07.2017)
Bereits Mitte Juli entstand über dem
Westatlantik aus einer wellenförmigen Deformation einer über den Nordatlantik
reichenden Front des bei Island liegenden Tiefs YIGIT ein neues Tiefdruckgebiet.
Ebendieses Tiefdruckgebiet zog quer über den Nordatlantik und sollte nun einige
Tage später das Wetter in Mitteleuropa beeinflussen. Somit wurde es am
18.07.2017 von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen ZLATAN
getauft.
Tief ZLATAN befand sich zum 00 Uhr UTC-Termin dieses Tages, d.h. um 01 Uhr MEZ,
über dem Nordatlantik etwa auf Breite von Dublin und auf Länge der Azoren. Die
Zyklone, die einen Kerndruck von unter 1000 hPa aufwies, hatte bereits eine
Okklusionsfront ausgebildet. Diese Mischfront entsteht, wenn die schneller
ziehende Kaltfront die Warmfront einholt und die Luftmassen anhebt, wodurch sie
Eigenschaften beider Frontenarten in sich vereint. Vom Kern ausgehend zog sie
sich mehrere Hundert Kilometer nach Südosten, bevor sie sich am sogenannten
Okklusionspunkt in eine bogenförmige Warmfront Richtung Süden und eine über die
Azoren reichende Kaltfront, die sich im weiteren Verlauf mit der Warmfront
eines nachfolgenden Tiefs verband, aufspaltete. Erst zum Ende des Tages mit dem
Erreichen der Westküste Europas konnten erste Niederschläge Tief ZLATAN
zugeordnet werden. Bis zum 06 Uhr UTC-Termin des 19.07. wurden am irischen
Roches Point 10 mm innerhalb von 12 Stunden erfasst, im westspanischen Pontevedra derweil 3 mm.
Bis zum 19.07. verlagerte sich
Zyklone ZLATAN gen Norden und vereinigte sich so mit zwei südlich von Grönland liegenden
unbenannten Tiefdruckgebieten. Der Kern ZLATAN I wies einen Druck von ca. 990
hPa auf und befand sich vor der Westküste Islands. Am westlichen Ende des
Ärmelkanals bildete sich zudem Tief ZLATAN II, dessen Konvergenzzone für
reichlich Regen und Gewitter in Frankreich und Spanien sorgte. So fielen im
französischen Montauban, sowie in Aurillac
24 mm innerhalb von 6 Stunden bis 00 Uhr UTC des Folgetages. Aber auch in
Bremerhaven brachten ergiebige Güsse 19 mm in 3 Stunden bis 21 Uhr UTC, welche
allerdings eher dem Durchzug der Warmfront geschuldet waren. Bei einer
Konvergenzzone strömen Luftmassen verstärkt zusammen und werden dadurch zum
Aufsteigen gezwungen, was oftmals in der Bildung konvektiver Bewölkung und
damit einhergehende Schauer und Gewitter resultiert.
Begleitet wurde der Tiefdruckeinfluss
von sinkenden Temperaturen, sodass zum Vortag Differenzen von beispielsweise
5,4 Grad im französischen Caen auftraten. Auch in Großbritannien konnten die
Maximaltemperaturen in Aberporth auf lediglich 20,3°C
ansteigen, während es am Vortag noch 25,4°C waren. Begleitet war der
Temperatursturz von Böen, die 100,1 km/h erreichten, wie an der schottischen
Station Bealach Na Ba no2,
was auf der Beaufortskala Stärke 10, also starkem Sturm, entspricht.
An den Fronten von Tief ZLATAN I, die
aus einer Höhenokklusion vom Kern ausgehend nordöstlich verlaufend, einer
Warmfront sich vom Okklusionspunkt an der Nordküste Islands entlang ziehend und
der Kaltfront, die über Island hinweg auf den Atlantik reichend und dann in die
Okklusion eines unbenannten Tiefs überging, bestanden, kam es vor allem in
Südisland zu ergiebigen Niederschlägen. In Laufbali konnten
innerhalb von 6 Stunden bis 12 Uhr UTC 47 mm erfasst werden. Lonakvisl, ebenfalls in Südisland gelegen, meldete im
gleichen Zeitraum eine Regenmenge von 25 mm.
Um 00 Uhr UTC des 20.07. wurde die
nun erneut aus einem Kern bestehende Zyklone ZLATAN auf halber Strecke zwischen
Island und Irland mit einem Druck von unter 995 hPa lokalisiert. Mit seiner
südöstlichen Verlagerung hatte der dominierende Wirbel ZLATAN I den weiteren
schwach ausgeprägten Kern des Vortages in seine Zirkulation aufgenommen. Das
Frontensystem bestand nun aus einer im Bogen verlaufenden Warmfront in Richtung
Norden und einer kurzen Kaltfront bis vor die Nordwestküste Schottlands. Diese
Kaltfront spaltete sich in eine Warmfront nach Osten über die Nordsee,
Norddeutschland bis nach Warschau und eine Kaltfront Richtung Süden über ganz
Großbritannien, die Bretagne bis nach Spanien auf. Entlang einer Kalfront im Warmsektor, also dem Gebiet zwischen der Kalt-
und Warmfront, gab es in Westdeutschland bis 06 Uhr UTC innerhalb von 6 Stunden
Niederschläge von 19 mm in Gelsenkirchen-Buer oder
auch 26 mm in Köln-Stammheim. Mit dem Durchzug der Warmfront in Norddeutschland
wurden zudem innerhalb von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC des 20.07. beispielsweise
24 mm in Quickborn bei Hamburg gemeldet.
Bis zum folgenden Tag hatte sich
Tiefdruckgebiet ZLATAN als Wirbel ZLATAN I weiter nach Osten verlagert und
befand sich um 00 Uhr UTC nahe Kirkwall. Da er schon langlebig bestand, hatte
er eine ausgeprägte Okklusion ausgebildet, welche sich bogenförmig nach Norden
über Island bis nach Spitzbergen zog, aber auch nach Südosten bis nach Dänemark
verlief. Am Okklusionspunkt bei der dänischen Stadt Odense teilte sich die
Okklusionsfront erneut in eine Warm- und eine Kaltfront auf. Die Warmfront
reichte nur einige Hundert Kilometer bis nach Warschau, wo sie in die Kaltfront
eines unbenannten Tiefdruckgebietes über der Westukraine überging. Die
Kaltfront zeigte sich erneut im späteren Verlauf mit wechselndem Charakter und
verlief Richtung Süden quer durch Deutschland, die Schweiz, sowie den Südosten
Frankreichs und endete als Warmfront zwischen Valencia und Madrid. Nahe Dublin
befand sich zudem ein weiterer Kern des Tiefdrucksystems ZLATAN, der den Namen
ZLATAN II erhielt. Mit einem Druck von unter 1000 hPa hatte er eine den Kern im
Uhrzeigersinn umlaufende Okklusion ausgebildet, die an der Südküste Irlands
endete, da sich dort der Okklusionspunkt befand. Dort teilte sie sich in eine südwestlich
verlaufende Warmfront und eine nur knapp dahinter folgende Kaltfront, die
anfangs ebenfalls nach Südwesten, weiter westlich aber weit über dem Atlantik
nach Nordwesten reichte und sich mit einer Warmfront eines Tiefs südlich von
Grönland verband. Während das Tief ZLATAN I kaum für Niederschlag sorgte,
brachte der Kern des Wirbels ZLATAN II insbesondere in Großbritannien Regen. In
Irland wurden so in der Nacht bis 06 Uhr UTC in einem 12-stündigen Intervall 35
mm am Shannon Airport gemessen. Camborne an der
Südwestspitze Englands meldete in 6 Stunden bis 12 Uhr UTC 31 mm. Aufgrund
eines recht starken Gradienten über Großbritannien, konnten erneut stärkere
Böen erfasst werden. In Mumbles gab es ein Maximum von
83,4 km/h, Stärke 9, oder auf der Isle of Portland
70,4 km/h, Stärke 8.
Zu Beginn des 22.07. lag der Wirbel
ZLATAN II noch immer über Irland, hatte sich aber weiter eingedreht. Die
Okklusion erstreckte sich von der Südspitze Irlands im Uhrzeigersinn an der
Küste entlang bis zum Okklusionspunkt etwa an der Grenze zu Nordirland. Dort
gab es eine Aufteilung in eine kurze Warmfront in Richtung Nordosten bis
südlich der Färöer und in eine Kaltfront, die sich bogenförmig über Nordirland,
England und den Nordwesten Frankreichs, sowie an der Nordwestspitze Spaniens
entlang über den Atlantik zog. Das Tiefdruckgebiet ZLATAN I hatte sich derweil
nach Norden verlagert und befand sich erneut an der Südküste Islands. Es wies
eine gespaltene Okklusion auf, welche zum einen in Richtung Nordpol über Island
führte und zum anderen nach Osten wies und am Norden Dänemarks vorbei über
Polen und die Ukraine bis nach Russland verlief.
Im Bereich zwischen den Fronten kam
es entlang eines freiliegenden Frontensystems zu Niederschlägen in Deutschland.
So kamen im Westen innerhalb von 3 Stunden 7 mm zusammen, wie am Flughafen
Köln/Bonn bis 03 Uhr UTC. Im Verlauf des Tages zogen die Regenfälle immer
weiter gen Osten, sodass Braunschweig bis 09 Uhr UTC im selben Zeitrahmen 6 mm
erfasste und Berlin-Tegel als Spitzenreiter innerhalb von 3 Stunden bis 15 Uhr
UTC 47 mm messen konnte.
Aber auch erneut im Bereich des Kerns
von Tief ZLATAN II über Großbritannien kam es aufgrund der aufsteigenden
Luftmassen zu Niederschlägen. Über den Tag innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr
UTC gab es so in West Freugh 21 mm und in Shap gar 30 mm.
Bis zum 23.07. hatte sich Tief ZLATAN
I weiter okkludiert und aufgelöst. Dadurch befand sich nun nur noch die Zyklone
ZLATAN, welche ehemals Tief ZLATAN II darstellte, auf den Karten. Diese hatte
sich zum Vortag kaum verlagert und befand sich mit einem Kerndruck von unter
1010 hPa bei Liverpool und Manchester. Die Okklusion führte von Dublin aus im
Uhrzeigersinn um den Kern. Mittig über der Nordsee ging sie in die Kaltfront
über, die sich weiter bogenförmig über Köln und Marseille bis über die Mitte
Spaniens zog. Die zugehörige Warmfront verlief ebenfalls von der Nordsee ausgehend
in Richtung Südosten über den Norden Deutschlands und Tschechien, bis sie auf
Höhe der Karpaten in die Kaltfront eines Tiefdruckgebietes über Russland
überging. Im Laufe des Tages kamen mit dem Überqueren des Tiefs somit 48 mm
innerhalb von 12 Stunden bis 18 Uhr UTC in Carlisle
zusammen. Auch im dänischen Tylstrup wurden durch
Niederschläge über den ganzen Tag verteilt 26,4 mm bis 06 Uhr UTC am Morgen erfasst.
Am 24.07. um 00 Uhr UTC befand sich
die Zyklone ZLATAN bereits im Endstadium ihrer Entwicklung, da sie lediglich
aus einer Okklusion bestand. Der Kern mit ca. 1010 hPa lag über der Nordsee, in
etwa am gleichen Ort, an dem tags zuvor der Okklusionspunkt analysiert wurde.
Während das Tiefdruckgebiet ALFRED zunehmend an Stärke gewann, kam es in der
Nacht lediglich entlang der Okklusion zu Niederschlägen. So wurden innerhalb
von 12 Stunden bis 06 Uhr UTC beispielweise 19 mm im südschwedischen Olands Sodra Udde
erfasst.
Mit der Verstärkung des Tiefs ALFRED
über Mitteleuropa löste sich die Zyklone ZLATAN nach fast einer Woche
Lebensdauer auf und konnte nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert
werden.
Geschrieben
am 21.12.2017 von Stephanie Meier
Berliner
Wetterkarte: 19. oder 22.07.2017
Pate:
Tobias Reise