Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZÖLESTINE

(getauft am 09.12.2020)

 

Aus der Analyse der Berliner Wetterkarte ging hervor, dass das am 09.12.2020 um 00 UTC, also 01 MEZ, südwestlich von Island liegende Tiefdruckgebiet das Wettergeschehen Europas in den kommenden Tagen beeinflussen würde. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte dieses Tief noch am selben Tag auf den Namen ZÖLESTINE zu taufen. Der Wirbel bildete sich am Tag zuvor um Neufundland herum entlang einer Trogvorderseite, also eines Kaltluftvorstoßes nach Süden, des Jetstreams, einem Starkwindband in der mittleren Troposphäre. Dies ist typisch für die Entstehung von Tiefdruckgebieten, da es entlang der Trogvorderseite meist zur Konvergenz am Boden (Zusammenströmen von Luftmassen) und zur Divergenz in der Höhe (Auseinanderströmen von Luftmassen) kommt, wodurch sich am Boden ein Bereich tiefen Luftdrucks ausbilden kann.

 

Zum Taufdatum hatte das Tief einen Kerndruck von knapp 980 hPa. Eine Okklusion, also eine Mischfront, die durch Einholen der Warmfront durch die Kaltfront entsteht, zog sich vom Kern der Zyklone nach Süden bis zum Okklusionspunkt, dem Ort an dem Warm- und Kaltfront auf Bodenniveau aufeinandertreffen, westlich von Irland und südlich von Island. Von dort aus verlief die Warmfront weiter nach Süden und ging vor der portugiesischen Küste in die Kaltfront des über Italien befindlichen Tiefdruckgebiets YVONNE über. Die Kaltfront von Tiefdruckwirbel ZÖLESTINE verlief vom Okklusionspunkt aus südwestlich und ging in die Warmfront von dem südlich von Neufundland liegendem Tief ANDIRA über. Im Tagesverlauf geriet Island zunehmend in den Einflussbereich der Zyklone ZÖLESTINE, sodass am Abend Windböen bis Windstärke 12, also Orkanstärke, im Westen der Insel gemessen wurden. Spitzengeschwindigkeiten von 133 km/h wurden in Bláfeldur um 22 Uhr MEZ gemeldet.

 

Bis zum 10.12.2020 um 01 Uhr MEZ spaltete sich die Zyklone in zwei Kerne auf. Wirbel ZÖLESTINE I verlagerte sich mit einem etwas verstärkten Kerndruck von knapp 975 hPa bis südlich von Island, während sich entlang der vom Kern von ZÖLESTINE I aus nach Süden verlaufenden Okklusionsfront ein Randtief über dem Südwesten Großbritanniens ausbildete, welches mit ZÖLESTINE II bezeichnet wurde und einen Kerndruck von circa 995 hPa aufwies. Die Okklusionsfront erstreckte sich weiter nach Süden bis zum Okklusionspunkt über der Bretagne in Frankreich, von wo aus die Warmfront weiter in südlicher Richtung die Biskaya durchquerte. Die Kaltfront verlief derweil südwestlich bis in den Atlantik westlich der Iberischen Halbinsel und ging in die Warmfront von Tief ANDIRA mit Kern südlich von Grönland über. Am Rande des Kerns ZÖLESTINE I wurden in Island weiterhin Böen bis Windstärke 12 erreicht, Höchstwerte wurden in Gemlufallsheiði um 16 Uhr MEZ mit 141 km/h aufgezeichnet. Des Weiteren war ein Großteil der Insel von leichtem bis mäßigem Niederschlag betroffen, maximale 6-stündige Niederschlagsmengen meldete Lónakvísl mit 18 mm um 13 Uhr MEZ. Die Fronten von ZÖLESTINE II durchquerten im Zusammenspiel mit Tief ANDIRA im Tagesverlauf die Iberische Halbinsel und sorgten dort für teils starken Regen, in Grazalema im Süden Spaniens fielen bis 19 Uhr MEZ innerhalb von 12 Stunden Niederschlagsmengen von 60 mm.

 

Am nächsten Tag, dem 11.12.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich Tiefdruckwirbel ZÖLESTINE I mit einem Kerndruck von knapp 970 hPa und nahezu unveränderter Lage südlich von Island. Eine Okklusionsfront erstreckte sich vom Tiefdruckkern bis nach Island und weiter nach Süden über Großbritannien hinweg bis etwa zur Mitte Frankreichs. Die Zyklone ANDIRA hatte sich mit östlicher Zugbahn  bis südöstlich von ZÖLESTINE I verlagert, sodass die beiden Tiefdruckkerne von einer gemeinsamen Zirkulation umschlossen waren. Tiefdruckgebiet ZÖLESTINE II befand sich nahe der Ostküste Sardiniens und hatte einen Bodendruck von ungefähr 1005 hPa. Dessen Okklusionsfront verlief vom Kern aus im Bogen zunächst nach Osten bis nach Sizilien und ging weiter in südwestliche Richtungen bis nach Algerien, wo sie in die Warmfront von ANDIRA überging. In Island wurden weiterhin teils Orkanböen gemessen, Spitzenwerte wurden an der Messstation in Gemlufallsheiði mit 133 km/h um 19 Uhr MEZ erreicht. Maximale 12-stündige Niederschlagsmengen betrugen 33 mm in Seyðisfjörður an der Ostküste Islands. Auch auf Deutschland griff die Okklusionsfront von ZÖLESTINE I über, zumindest im Westen des Landes. Infolgedessen wurde langsam eine Umstellung der Wetterlage eingeleitet: mit einer westlichen bis südwestlichen Strömung wurden nun wieder mildere Luftmassen herangeführt, die sich jedoch erst am darauffolgenden Tag (12.12.2020) voll und ganz in Deutschland etablieren konnten. So fiel im Saarland und Rheinland-Pfalz der Niederschlag bei einer teilweise noch negativen Temperatur als gefrierender Regen mit entsprechender Glätte. Im Tagesverlauf schwächte sich die Front jedoch rasch ab und brachte kaum noch nennenswerte Niederschlagsmengen. Derweil sorgte die Okklusionsfront von Tief ZÖLESTINE II im mediterranen Bereich für teils starken Regen, auf der griechischen Insel Korfu erreichte der Niederschlag 12-stündige Summen von 71 mm bis 19 Uhr MEZ.

Bis zum Folgetag, dem 12.12.2020 um 01 Uhr MEZ hatte sich Tief ZÖLESTINE I am Rande des  Tiefdruckgebiets ANDIRA südlich von Island aufgelöst. Daher wurde der Kern, der ursprünglich als ZÖLESTINE II geführt wurde, nun wieder nur als ZÖLESTINE bezeichnet und befand sich zwischen Italien und Albanien. Der Atmosphärendruck betrug im Zentrum fast 1000 hPa. Die Okklusionsfront der Zyklone verlief vom Kern aus östlich über Albanien und Griechenland und anschließend im Bogen weiter nach Südwesten bis Libyen. In der westlichen Türkei und im Osten Griechenlands kam es an dem Tag zu starken, teils schauerartigen und mit Gewittern verbundenen Niederschlagsereignissen. In der türkischen Küstenregion Kusadasi wurden bis 19 Uhr MEZ 12-stündige Niederschlagshöhen von 53 mm verzeichnet. Bis 01 Uhr MEZ des Folgetages fielen in Mugla innerhalb von 6 Stunden 52 mm Regen.

Am 13.12.2020 um 01 Uhr MEZ befand sich Tief ZÖLESTINE an der rumänischen Küste. Der Bodendruck betrug noch knapp 1005 hPa. Vom Kern aus erstreckte sich die Warmfront nach Osten über das Schwarze Meer, die Kaltfront verlief nach Südwesten und mündete südwestlich von Griechenland in die Warmfront von ANDIRA III, dessen Kern sich bei Sizilien befand. Am Vormittag sorgte das Tief in der westlichen Türkei für größere Niederschlagsmengen, Höchstwerte gab es in Antalya mit 54 mm Niederschlag bis 13 Uhr innerhalb von 6 Stunden.

 

Bis zum nächsten Tag lösten sich die letzten Reste von Tief ZÖLESTINE komplett auf. Somit wurde die Zyklone anschließend nicht weiter namentlich auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.