Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZOEY

(getauft am 12.06.2018)

 

Zu Beginn der zweiten Junidekade 2018 verlagerte sich ein Tiefdruckgebiet vom Nordosten Nordamerikas über den Atlantik in Richtung Europa. Am 12.06. befand sich es um 01 Uhr MEZ mit einem Kerndruck von knapp unter 1015 hPa etwa auf Länge der Südspitze Grönlands und auf Breite von Rom. Da dem Tief sowohl eine rapide Entwicklung als auch eine rasche Verlagerung prognostiziert wurde, wodurch das Wettergeschehen in Europa maßgeblich beeinflusst werden sollte, erhielt die Zyklone in der Vorhersage für den Folgetag den Namen ZOEY.

Am 13.06. konnte das Tief ZOEY schließlich zum Nachttermin rund 1000 km nordöstlich von seiner Position am Vortag analysiert werden. Der Druck im Zentrum des Wirbels verstärkte sich jedoch auf ca. 1005 hPa. Das Frontensystem bestand dabei zu diesem Zeitpunkt aus einer kurzen, nach Südosten reichenden Warmfront sowie einer Kaltfront, die sich nach Südwesten erstreckte. Bereits in der ersten Tageshälfte begann die schneller ziehende Kaltfront die vorlaufende Warmfront am sogenannten Okklusionspunkt einzuholen, wobei mit der sogenannten Okklusion eine Mischfront mit Eigenschaften beider Frontentypen entstand.

Angetrieben durch eine kräftige Höhenströmung zog die Zyklone ZOEY im weiteren Tagesverlauf nach Nordosten und nahm dabei gleich mehrere kleine Tiefdruckgebiete sowie deren Frontensysteme in ihre Zirkulation auf. Bereits am Abend griffen die Fronten auf die Britischen Inseln über und sorgten dort für einsetzenden Regen, welcher oftmals auch schauerartig verstärkt auftrat. Bis 19 Uhr MEZ konnten dadurch in einem Beobachtungszeitraum von 12 Stunden 13 l/m² am Observatorium auf Valentia Island im Südwesten Irlands und 12 l/m² auf der zu Schottland gehörenden Hebrideninsel Tiree gemessen werden.

Um 01 Uhr am 14.06. befand sich das Tief ZOEY bereits wenige Hundert Kilometer nordwestlich von Irland, wobei der Kerndruck deutlich auf etwa 980 hPa abgesunken war. Vom Zentrum ging eine Okklusion nach Norden aus, welche sich anschließend bogenförmig über Schottland, Wales und die Keltische See erstreckte, bevor sie sich westlich der Biskaya am Okklusionspunkt in eine bis östlich der Azoren reichende Warm- und eine, sich bis zum westlichen Atlantik ziehende, Kaltfront aufspaltete. Des Weiteren konnte zu diesem Zeitpunkt noch eine dem System vorlaufende Warmfront von der nördlichen Nordsee über Ostengland bis zur Bretagne analysiert werden.

Bis zum Morgen konzentrierten sich die Niederschläge weiterhin hauptsächlich auf Großbritannien und Irland. Langanhaltender und mitunter schauerartig verstärkter Regen brachte in der Nacht vor allem in Schottland zweistellige Mengen, wobei im schottischen Eskdalemuir mit 37 l/m² in 12 Stunden noch einmal deutlich mehr fiel. Im weiteren Verlauf griffen die Tiefausläufer mitsamt dem Niederschlagsfeld auch auf Südnorwegen über und führten dort bis zum Abend zu teils ergiebigen Regenmengen. In nur 6 Stunden fielen beispielsweise 22 l/m² in Bergen, 23 l/m² in Modalen und 27 l/m² in Takle. Auch im Westen und Nordwesten Deutschlands sorgte das Niederschlagsfeld noch für Regen, welcher jedoch meist in nur geringen Mengen von maximal 4 l/m² auftrat. Weiter nach Osten verlor das Regengebiet dann an Einfluss, wodurch es dort oftmals trocken blieb.

Mit der raschen Entwicklung des Tiefs ZOEY bildete sich gleichzeitig aufgrund der starken Luftdruckgegensätze ein kräftiges Windfeld um den Wirbel aus, welches bereits seit dem Vorabend Sturm- und im Laufe der Nacht im Gebirge sogar Orkanstärke erreichte. Vor allem Irland, der Norden Großbritanniens und im Tagesverlauf zusehends Norwegen waren dabei vom Sturmfeld betroffen. An der norwegischen Station Juvvasshoi in 1893 m Höhe konnte eine maximale Windböe von 140,5 km/h registriert werden. In Schottland betrugen die höchsten Windgeschwindigkeit sogar 161,2 km/h in den Cairnwells und 168,6 km/h auf dem Cairngorm.

Am 15.06. um 01 Uhr MEZ befand sich das Sturmtief ZOEY mit seinem Zentrum und einem Druck von nun 970 hPa über dem Europäischen Nordmeer etwa auf halber Weglänge zwischen Island und Norwegen. Das Frontensystem war zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig okkludiert, wobei die Okklusion von der Norwegischen See über Ostschweden, Berlin und dem Elsass bis zur Biskaya führte, wo sie in die Warmfront eines kleinen Wellentiefs überging. Die hinter der Front einfließenden Luftmassen sorgten im Westen Norwegens für eine leichte Abkühlung von oftmals 3 bis 4 Grad. In Alesund sank die Temperatur sogar von 19,9°C am Vortag auf nun 13,8°C. Die Front führte auch weiterhin zu kräftigen und mitunter schauerartig verstärkten Regenfällen, wobei 12-stündig bis 07 Uhr MEZ 28 l/m² in Midtstova, 30 l/m² an der Station Kvamskogen-Jonshogdi und 36 l/m² in Fossmark registriert werden konnten. Im weiteren Tagesverlauf nahm die Niederschlagsintensität etwas ab, dennoch wurden bis 19 Uhr MEZ nochmals 10 l/m² in Modalen und 13 l/m² in Majavatn verzeichnet. In Deutschland blieben die Regenmengen an diesem Tag meist unterhalb von 1 l/m², in Sankt Peter-Ording waren es noch 3 l/m².

Das zum Wirbel ZOEY zugehörige Windfeld blieb hingegen in seiner Intensität nahezu bestehen. In den Gebirgen Skandinaviens konnten dabei auch weiterhin Böen in Orkanstärke gemessen werden. Die höchsten Windgeschwindigkeiten wurden vom Juvvasshoi mit 133,3 km/h und von der Station Somna-Kvaloyfjellet mit 136,9 km/h gemeldet.

Das Sturmtief ZOEY befand sich am Folgetag zum Nachttermin über der Norwegischen See zentral zwischen Jan Mayen und der norwegischen Küste. Der Kerndruck schwächte sich etwas ab und betrug nur noch ca. 985 hPa. Die zugehörige Okklusion verlief zu diesem Zeitpunkt zunächst vom Zentrum nach Nordosten bis Spitzbergen, anschließend führte sie bogenförmig nach Süden über die Halbinsel Kola, Karelien und das Baltikum bis zur Danziger Bucht. Östlich von Murmansk spaltete sich noch eine kurze nach Süden reichende Warmfront ab. Orkanartige Böen oder Orkanböen konnten an diesem Tag nur noch vereinzelt im Norden Norwegens registriert werden. Die stärkste Böe mit 129,7 km/h wurde an der Station Andoya-Trolltinden gemessen. Hinzu kamen Niederschlagsmengen, die nur noch in Folge von Schauern zweistellige Werte erreichten. So wurden in Reipa 10 l/m², in Sortland 12 l/m² und in Bodo 13 l/m² verzeichnet. An der Station Hornsund auf Spitzbergen waren es noch 4 l/m² und im schwedischen Lakatrask 7 l/m².

Unter fortschreitender Abschwächung verlagerte sich das Tief ZOEY bis zum 17.06. nach Norden und konnte um 01 Uhr MEZ mit etwa 995 hPa westlich von Spitzbergen analysiert werden. Die Okklusion führte nördlich um Spitzbergen über das Nordpolarmeer und verlagerte sich anschließend über die Barentssee nach Süden bis nahe Wologda. Während die Zyklone ZOEY in Form ihres Frontensystems auf dem europäischen Festland kaum wetterwirksam war, sorgte die Nähe zum Tiefdruckkern auf Spitzbergen nochmals zu einer Intensivierung des Niederschlags auf 8 l/m² in 12 Stunden an der Station Hornsund.

Das Tief ZOEY zog in der Folge weiter nach Norden und wurde letztmalig um 01 Uhr MEZ am 18.06.2018 auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet, bevor es deren Darstellungsbereich bis zu den Morgenstunden endgültig verließ.