Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZOE

(getauft am 05.12.2014)

 

Am 04.12.2014 zog ein Tiefdruckgebiet vom Osten Kanadas aus nach Osten bis über die Davis-Straße westlich von Grönland. Dabei vertiefte sich der Kerndruck in den folgenden 24 Stunden von anfänglich ca. 1005 hPa bis auf knapp unter 965 hPa. Diese rapide Zyklogenese vergrößerte gleichzeitig den Druckgradient zu umliegenden Hochdruckgebieten, wodurch bis zum Folgetag ein ausgeprägtes Windfeld entstand, dass in der Folge Orkanstärke erreichte. Dieser Wirbel sollte im weiteren Verlauf auch Einfluss auf Mitteleuropa nehmen und wurde deshalb am 05.12. auf den Namen ZOE getauft.

An seinem Tauftag besaß das Orkantief ZOE eine vom Kern ausgehende Okklusion, d.h. eine Mischfront aus Warm- und Kaltfront, die entlang der Südküste Grönlands bis etwa 200 km südöstlich dessen Südspitze ihren Okklusionspunkt erreichte. Dieser stellt den Ort dar, an welchem die Warm- von der schneller ziehenden Kaltfront eingeholt wird und sich die Okklusion bildet. Die Warmfront führte bogenförmig nach Süden und die Kaltfront erstreckte sich nach Südwesten bis über die Karibik. Das Windfeld verstärkte sich am 05.12. nochmals, wobei Spitzenböen von beispielsweise bis zu          141 km/h am Flughafen der grönländischen Insel Kulusuk oder 107 km/h in Godthaab im Westen Grönlands registriert wurden. Mit dem Wirbel verlagerte sich auch ein Niederschlagsgebiet über die Insel, wodurch verbreitet Schneefall, der teils auch schauerartig verstärkt fiel, und örtlich Niederschlag in flüssiger Form einsetzte. Bis 07 Uhr MEZ dieses Tages konnten dabei innerhalb von   12 Stunden in Julianehaab 13 l/m² und am Prins Christian Sund 41 l/m² Niederschlag gemessen werden. In den darauf folgenden 12 Stunden wurden in Tasiilaq nochmals 12 l/m² Schnee verzeichnet.

Ein Teil des Tiefdruckgebiets ZOE spaltete sich bis zum Folgetag ab und blieb über der Westküste Grönlands bestehen. Die Zyklone ZOE zog hingegen mit ihrem Frontensystem weiter nach Osten bis über die Danmarkstraße. Vom Kern mit einem Druck von nun abgeschwächten 985 hPa verlief die Okklusion nach Osten bis über die Südküste Islands. Von dort erstreckten sich die Warmfront bis über den Nordwesten Irlands und die Kaltfront nach Südwesten, wo sie südöstlich der Halbinsel Labrador in die Warmfront eines anderen Tiefs überging. Beim Frontendurchgang fielen in Island 15-stündig bis 10 Uhr MEZ 16 l/m² in Akurnes und 9 l/m² in Dalatangi. In nur 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ wurden derweil in Tasiilaq 4 l/m² Niederschlag registriert. Im Laufe des Tages erreichten die Ausläufer ebenfalls die Britischen Inseln. Bis   19 Uhr MEZ konnten innerhalb von 12 Stunden durch Schnee und Regenschauer an den schottischen Stationen Aultbea und Loch Glascarnoch  14 bzw. 12 l/m² gemessen werden. In Irland kamen infolge von Sprühregen und Regen, der teilweise schauerartig verstärkt vorkam, noch 9 l/m² am Malin Head und 4 l/m² in Finner zusammen. Auch Thorshavn auf den Färöer meldete 7 l/m² Niederschlag, der in flüssiger und fester Form beobachtet wurde. Bis zum Abend zog das Frontensystem weiter nach Osten und führte somit auch in Norwegen zu Niederschlägen. Im Bereich des Okklusionspunktes wurden dabei 12-stündig bis 19 Uhr MEZ 11 l/m² im nördlich von Bergen gelegenen Takle verzeichnet.

Mit dem Frontensystem verlagerte sich auch das Tiefdruckgebiet ZOE weiter nach Osten und bildete dabei zwei weitere Kerne aus. Das ursprüngliche Tief ZOE I befand sich um 01 Uhr MEZ am 07.12. mit einem Kerndruck von etwa 985 hPa über Westisland. Das Teiltief ZOE II entstand im Bereich der Lage des Okklusionspunktes vom vorherigen Tag und lag mit ca. 970 hPa südlich von Jan Mayen. Der Wirbel ZOE III besaß einen zentrumsnahen Druck von rund 980 hPa und konnte über dem Seegebiet zwischen Jan Mayen und der Nordwestküste Norwegens analysiert werden. Aus den Tiefs ZOE und YASMINA mit Zentrum bei Spitzbergen bildete sich somit ein System aus zwei steuernden Wirbeln, die zusammen die komplette Nordhälfte Europas sowie Teile Mitteleuropas beeinflussten. Die drei Kerne des Systems ZOE waren durch Okklusionsfronten miteinander verbunden. Des Weiteren verlief vom Zentrum des Teiltiefs ZOE III eine weitere Okklusion nach Süden über Norwegen, bevor sie sich östlich von Bergen in eine Warm- und eine Kaltfront aufspaltete. Diese wiesen jeweils nach Südwesten, wobei sich die Warmfront über die Nordsee und Südostengland bis zur Bretagne erstreckte und die Kaltfront über Südschottland und Irland bis über den zentralen Nordatlantik führte, wo sie Anschluss an die Warmfront eines anderen Tiefs fand. Die Niederschläge breiteten sich derweil auch über den übrigen Teil Skandinaviens und Finnland aus. Vor allem über Norwegen intensivierte sich das Niederschlagsgebiet, wodurch 12-stündig bis 07 Uhr MEZ in Kvamsoy 30 l/m², in Fister-Sigmundstad 34 l/m², in Liarvatn 35 l/m² und an der Station Ualand-Bjuland 40 l/m² gemessen wurden. In den folgenden 12 Stunden wurden des Weiteren 25 l/m² im östlich von Bergen gelegenen Ullensvang verzeichnet. Auch wenig weiter nordwestlich sowie weiter im Süden des Landes konnten noch jeweils 22 l/m² in Vossevangen und Liarvatn registriert werden. Außerdem fielen im selben Zeitraum 5 l/m² an der finnischen Station Kauhajoki Kuja-Kokki, 8 l/m² im schottischen Eskdalemuir, 18 l/m² am Flughafen in Billund in Dänemark und 29 l/m² im schwedischen Ullared. Die Ausläufer überquerten im Tagesverlauf auch Deutschland, wobei hier nach neblig-trüben Beginn beim Durchzug dichter Bewölkung verbreitet etwas Schnee oder Schneeregen fiel, der bis zum Morgen in Regen überging und mitunter als Eisregen zu Glätte führte. Die höchsten Niederschlagssummen konnten hierbei im Norden und Nordwesten verzeichnet werden. Bis 07 Uhr MEZ des darauf folgenden Tages wurden in 24 Stunden 10,4 l/m² in Leck und 12,6 l/m² in St. Peter-Ording registriert. Vielerorts erhöhte sich auch die Schneedecke, wie in Schmücke oder in Braunlage, wo sie bei gefallenen 7,1 bzw. 8,9 l/m² Niederschlag um jeweils    5 cm anwuchs. Auf der Wasserkuppe lagen bis zum selben Zeitpunkt sogar      6 cm Neuschnee.

Im Laufe des 07.12. entstand über Zentralskandinavien ein weiterer Tiefdruckkern, wodurch das Tief ZOE nun 4 Kerne besaß. Das System verlagerte sich bis 01 Uhr MEZ des Folgetages aufgrund des stabilen Hochs ROBIN über Russland weiter nach Nordosten und entwickelte sich indes zum steuernden Wirbel über der Norwegischen See und der Barentssee, wobei die Zyklone YASMINA südwestlich von Spitzbergen weiterhin Bestand hatte. Die Teiltiefs konnten mit ihren Zentren südlich von Spitzbergen, über Lappland und über dem Nordmeer analysiert werden. Weiterhin waren die Kerne untereinander durch Okklusionen verbunden. Lediglich vom Tief ZOE IV über Lappland ging eine zusätzliche Okklusion aus, die nach Verlauf über dem Bottnischen Meerbusen den Charakter einer Kaltfront annahm und über Südschweden, Deutschland und Frankreich bis westlich der Biskaya führte, wo sie sich mit der Warmfront eines anderen Wirbels verband. Beim Durchzug dieser Luftmassengrenze konnten beispielsweise auf Helgoland 26 l/m² Niederschlag in 12 Stunden bis 19 Uhr MEZ registriert werden. Dies blieb in Mitteleuropa jedoch die Ausnahme, da zumeist nur einstellige Mengen in diesem Zeitraum gemessen werden konnten. So fielen in Schleswig 8 l/m², im polnischen Leba 7 l/m², am Rotterdamer Flughafen 6 l/m² und im belgischen Chievres 5 l/m². Lediglich im Süden Frankreichs wurden auch 12-stündige Summen von über 15 l/m², wie in Biarritz mit 17 l/m² oder in Socoa mit 18 l/m² verzeichnet. In Finnland und Skandinavien hielten die Niederschläge weiter an, schwächten sich nun aber zusehends ab, wodurch nur noch maximale Mengen von 10 l/m² im finnischen Niinisalo und 11 l/m² im schwedischen Visby in 12 Stunden bis 07 Uhr MEZ dieses Tages zusammen kamen. Nur in Norwegen wurden mit jeweils 15 l/m² in Takle, Sirdal-Haugen und Reimegrend sowie mit 16 l/m² in Liarvatn und 18 l/m² in Ullensvang höhere Werte erreicht.

Während sich das Teiltief ZOE IV über Lappland bis zum 09.12. auflöste, schlossen sich die übrigen Tiefdruckgebiete des Systems ZOE zusammen und bildeten bis 01 Uhr MEZ nur noch einen Kern, welcher zusammen mit dem Wirbel YASMINA den Bereich der Norwegischen See und der Barentssee beeinflusste und sich mit einem Druck von knapp unter 980 hPa westlich der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja befand. Zu diesem Zeitpunkt ging eine zumeist nur noch in der Höhe analysierbare Okklusion westlich des Kerns aus, führte nördlich um diesen herum und verlief anschließend nach Südwesten über das Weiße Meer, Karelien und das Baltikum, bevor sie südlich von Minsk den Charakter einer Kaltfront annahm. Diese erstreckte sich bis zu den Karpaten und weiter nach Westen, wo sie über dem Osten Ungarns den Anschluss an die Warmfront eines kleinen Wellentiefs fand. Die dem Tief ZOE zuzuschreibenden Niederschläge beliefen sich dabei bis 07 Uhr MEZ auf 12-stündige Werte von 3 l/m² in Minsk, jeweils 4 l/m² in Tallinn und Koivuniemi sowie 5 l/m² im lettischen Liepaja.

Im weiteren Verlauf löste sich das Frontensystem des Wirbels ZOE über Osteuropa auf. Gleichzeitig zog die Zyklone ZOE weiter nach Nordosten und verließ bis zum Nachmittag den Analysebereich der Berliner Wetterkarte, wodurch sie am Folgetag nicht weiter namentlich verzeichnet werden konnte.       

 

 

Geschrieben von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 08.12.2014

Pate: Dr. Uta Rüping