Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZORA

(getauft am 27.09.2020)

 

Im Laufe des 26.09.2020 begann sich unterhalb eines ausgeprägten und sich vom Grundstrom zunehmend abgekoppelten Höhentroges, der von Grönland über Mittel- und Westeuropa bis nach Norditalien reichte, ein neues Tierdruckgebiet auszubilden, das anhand der Analysekarte für 00 UTC des 27.09. auf den Namen ZORA getauft wurde. Hatte seine Entwicklung und weitere Ausprägung zunächst über der Biskaya eingesetzt, befand sich der Kern des Wirbels zum Analysezeitpunkt mit einem Luftdruck von etwas unter 1005 hPa bereits über dem westlichen Mittelmeerraum, nordöstlich der Balearen. Von dem Kern reichte sowohl eine Warmfront nach Südosten über das Mittelmeer hinaus als auch eine Kaltfront über Barcelona und Bilbao nach Norden in Richtung der Keltischen See. Hebungsprozesse im Kernbereich des Wirbels als auch entlang seines Frontensystems hatten bereits am Vortag zur Ausbildung eines ausgeprägten Niederschlagfeldes geführt, welches sich zunächst von der Biskaya über die Pyrenäen in Richtung Sardinien verlagerte. Dabei waren innerhalb von 24 Stunden bis 06 UTC des 27.09. in St. Girons 32,5 mm, bei Bilbao 34,1 mm und in San Sebastián 53,6 mm gefallen. Über dem Mittelmeer gewann der Tiefdruckwirbel rasch an Intensität. Sich kontinuierlich verstärkend und beständig ausweitend zog er und sein Niederschlagsfeld im Laufe des 27.09. weiter nach Italien und verlagerte sich anschließend über die Adria in Richtung der Balkanhalbinsel.

 

Bis 06 UTC des darauf folgenden Morgens führten die einsetzenden, mitunter starken und teils gewittrigen Schauer binnen 24 Stunden in Rimini 41,0 mm, in Rom 59,0 mm und südlich von Neapel, an der Station in Grazzanise, 64,0 mm mit sich. Beim Auftreffen der feuchten Luftmassen auf die Gebirgsketten der Dinaren sowie der Ostalpen und dem damit einhergehenden erzwungenen Aufgleiten jener in deutlich kühlere Luftschichten, erfuhren die Niederschläge lokal noch zusätzliche Intensivierung, sodass sie obgleich späteren Einsetzens jenseits der Adria ebenso ergiebig ausfielen wie schon über Italien. So wurden im gleichen Zeitraum im bosnisch-herzegowinischen Mostar 44,8 mm, auf dem slowenischen Črnomelj 53,8 mm und im kroatischen Veliki Zavižan 57,2 mm gemessen. An der Station am ebenfalls kroatischen Flughafen in Pula wurden gar 73,1 mm, und im montenegrinischen Bar bis zu 77,3 mm binnen 24 Stunden registriert. Im Bereich der Ostalpen fielen in Österreich auf dem Hirschkogel 30,0 mm, in Leibnitz 33,8 mm und in Bad Tatzmannsdorf 39,0 mm. Bis in den Süden Deutschlands vermochten die Niederschläge sich jedoch nicht auszuweiten. 

Gegen 00 UTC des 28.09. befand sich das Tief ZORA mit einem auf unter 1000 hPa gefallenen Kerndruck über der nördlichen Adria, südlich von Venedig. Die Warmfront reichte vom Kern des Wirbels über Belgrad und Sofia in Richtung der Ägäis und die ihr nacheilende Kaltfront, dem Küstenverlauf der Balkanhalbinsel folgend, über das Mittelmeer bis nach Libyen. Des Weiteren erstreckte sich westlich des Kerns eine Okklusionsfront über Norditalien nach Genua. Das Tief und mit ihm sein Hauptniederschlagsfeld verlagerte sich weiter über das Dinarische Gebirge hinweg in Richtung Südosteuropa, verlor dabei jedoch zunehmend an Stärke. Am ergiebigsten fielen die Niederschläge noch entlang seines Kerns sowie im Bereich der Kaltfront aus. Diese begann zugleich im Tagesverlauf die ihr vorlaufende Warmfront einzuholen, wodurch sie entlang derer eine sogenannte Okklusionsfront ausbildeten. Trotz allmählichen Auflösens der Niederschläge konnten dennoch vielerorts weiter Regenmengen um 10 mm gemessen werden. Am ergiebigsten fielen diese dabei im Stau der Karpaten aus: Die Messstation im ungarischen Nyíregyháza meldete binnen 24 Stunden 16,4 mm, jene im rumänischen Bacău 19,8 mm und die Station auf dem ebenfalls rumänischen Berg Omu bis zu 21,6 mm. Sonst fielen zumeist zwischen 4 mm und 10 mm. Ehe die Niederschläge aus Italien abzogen, waren in Rom nochmals 28,2 mm, bei Grazzanise 33,0 mm und in Neapel 35,0 mm gefallen. Im Raum Venedig blieb es dagegen mit 4,0 mm an der Station Tessera vergleichsweise trocken. Auch tags zuvor waren dort vergleichsweise geringe 11,8 mm gefallen. Auf der Rückseite des Wirbels wurden mit einer nordwestlichen Strömung, sich auf ihrem Weg über Mitteleuropa erwärmende und über der Adria an Feuchtigkeit gewinnende, maritime Polarluft in Richtung der Balkanhalbinsel geführt. Von Kroatien bis Albanien konnten sich in ihr erneut Schauer und Gewitter entwickeln, die in Dubrovnik 28,0 mm, auf dem Veliki Zavižan 33,0 mm und auf der Insel Sazan (Albanien) 49,0 mm Niederschlag mit sich führten.

 

Unter vorübergehender Ausbildung eines zweiten Kerns, jedoch allgemein weiter an Stärke verlierend, war der Tiefdruckwirbel ZORA zum 29.09. in Richtung der Karpaten gezogen. Mit einem jeweils auf knapp 1010 hPa angestiegenem Druck befand sich der erste Kern um 00 UTC über den Westkarpaten nördlich von Budapest und der zweite über den südlichen Ausläufern der Ostkarpaten nahe Bukarest. Eine Okklusionsfront verband beide miteinander. Vom Kern bei Bukarest erstreckte sich anschließend eine Warmfront nach Osten auf das Schwarze Meer hinaus und eine Kaltfront in einem weiten Bogen über Istanbul und Zypern bis nach Libyen. Eine zweite, kleinskalige und lediglich in der Höhe analysierbare Okklusionsfront reichte vom nördlichen Kern bis etwa Wrocław (Breslau). Während sich der nördlichere der beiden Kerne bereits in der ersten Tageshälfte wieder aufzulösen begann, verlagerte sich der südlichere sich verstärkend im Tagesverlauf von Bukarest in Richtung der Ukraine. Zwar hatten die Niederschläge zwischenzeitlich an Intensität verloren, jedoch konnte das Tief mit zunehmender Annäherung an das Schwarze Meer erneut an Feuchtigkeit gewinnen. Jene feuchten Luftmassen gelangten dabei entlang des Karpatenbogens über Moldawien und die Ukraine bis in den Osten Polens. Während in Rumänien innerhalb von 24 Stunden zumeist zwischen 4 bis 11 mm fielen, in Karansebesch waren es noch bis zu 18,7 mm, wurden in Polen bei Tarnów 17,2 mm, auf dem Kasprowy Wierch 25,1 mm und in Zamość 27,0 mm registriert. Über der Ukraine und Moldawien gestalteten sich die Niederschläge noch ergiebiger: Aus Riwne wurden im selben Zeitraum 30,0 mm, aus Lwiw 35,0 mm und von der Messtation in Ternopil 46,0 mm gemeldet. In Moldawien bildeten sich verbreitet Gewitter aus. Sie führten in Tiraspol Regenmengen von 29,0 mm, bei Soroca von 35,0 mm und in der Hauptstadt Chișinău von 45,0 mm mit sich. Der Einflussbereich des Tiefs reichte bis in den Norden der Türkei: Entlang der sich über das Schwarze Meer nach Nordosten verlagernden Kaltfront bildeten sich auch dort verbreitet Schauer und Gewitter aus, die am Flughafen von Istanbul 15,2 mm, im etwas weiter südlich gelegenem Yalova 25,5 mm und in Zonguldak 29,3 mm brachten.

 

Mit nunmehr nur noch einem einzelnen Kern, jener über den Nordwestkarpaten hatte sich in der Zwischenzeit vollständig aufgelöst, lag der Tiefdruckwirbel ZORA gegen 00 UTC des 30.09. mit einem um 10 hPa gefallenen Druck nahe Winnyzja über der zentralen Ukraine. Eine erste, regenreiche Okklusionsfront zog sich östlich des Zentrums bis zu ihrem Okklusionspunkt, der Stelle an der Warm- und Kaltfront ineinander übergehen, bei Kertsch auf der Krim. Von dort reichte eine Warmfront weiter in Richtung des Kaukasus und eine ihr folgende Kaltfront in einem Bogen über die zentrale Türkei und Zypern bis in den Osten Libyens. Eine weitere Okklusionsfront erstreckte sich westlich des Kerns beginnend in einem Bogen bis nach Danzig. Über der Türkei zeigte sich die Kaltfront kaum noch wetteraktiv. Die sich einst entlang ihr entwickelnden Schauer und Gewitter hatten sich in der Nacht und in den Morgenstunden weitgehend aufgelöst. Demgegenüber hielten die Niederschläge im Kernbereich des Wirbels als auch entlang seiner Okklusionsfronten weiter an, doch verloren auch sie im weiteren Tagesverlauf allmählich an Intensität. Die Regenmengen waren dabei regional sehr unterschiedlich ausgeprägt: Während es in Odessa gänzlich trocken blieb und Gewitter nur in der Ferne beobachtet wurden, brachten eben jene im nur knapp 30 Kilometer südlich gelegenem Tschornomorsk binnen 24 Stunden 23,4 mm. Am ergiebigsten gestalteten sich die Niederschläge allgemein in einem Streifen von der Krim über die zentrale Ukraine bis in den Südosten Polens und der Slowakei. In der Ukraine wurden in Simferopol (Krim) 16,1 mm, bei Uman 21,0 mm und in Dnipropetrowsk 28,0 mm gemessen. Im Slowakischen Štrbské Pleso waren es im selben Zeitraum 21,9 mm sowie an den polnischen Stationen in Tarnów als auch in Zakopane 24,4 mm beziehungsweise 33,1 mm. Auf dem Kasprowy Wierch (Polen) konnten noch bis zu 55,6 mm registriert werden. Während auf der Rückseite des Wirbels im rumänischen Caransebeș noch bis zu 21,3 mm und im ungarischen Nyíregyháza 18,0 mm fielen, blieb es hingegen von wenigen Ausnahmen, abgesehen an der Südflanke des Wirbels in Moldawien, niederschlagsfrei.

Sich nur noch langsam nach Osten verlagernd, war das Tief ZORA im Tagesverlauf über der zentralen Ukraine in seiner Lage zwischenzeitlich nahezu stationär geworden. Es befand sich am 01.10. um 00 UTC mit einem Kerndruck von etwa 1005 hPa unweit von Schytomyr, mittig zwischen Kiew und Riwne. Eine erste Okklusionsfront reichte östlich des Kerns bis nach Krasnodar in den Süden Russlands und zog sich ab Krasnodar, den Charakter einer Warmfront annehmend, anschließend weiter über die Osttürkei bis nach Zypern. Eine zweite Okklusionsfront erstreckte sich westlich des Kerns in einem Bogen über Warschau, Danzig und Tallin bis nach Petrosawodsk im Nordwesten Russlands. Nennenswerte Niederschläge fielen entlang des Frontensystems jedoch nicht mehr, sie konzentrierten sich im Wesentlichen weiter auf seinen Kern. Beständig an Dynamik verlierend begann sich das Tief zunehmend aufzulösen und sich dabei gegenüber seiner ursprünglich östlichen bis nordöstlichen Zugbahn im Laufe des Tages nach Westen zu verlagern.

 

Seine Reste gingen in den Morgenstunden des 02.10. über Polen in die Zirkulation des vom Nordatlantik in die Bretagne ziehenden Tiefdruckwirbels BRIGITTE über, sodass Tief ZORA nachfolgend nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte als eigenständiger Wirbel analysiert und somit auch nicht mehr auf jener namentlich verzeichnet werden konnte. Letzte, ihm zuzuordnende Niederschläge konzentrierten sich am 01.10. mit ihren höheren Intensitäten auf die Ukraine sowie auf an die West- und nördlichen Ostkarpaten angrenzenden Regionen: auf die Slowakei, Teile Tschechiens sowie Polens. Sie waren dabei weiterhin regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während leichter Regen in Kiew 0,6 und in Riwne 2,3 mm mit sich führte, konnten in Schytomyr durch Schauer 13,0 mm registriert werden. Teils schauerartiger Regen brachte im tschechischem Holešov 9,0 mm, im slowakischen Žilina 13,8 mm und im polnischen Lesko 19,4 mm. Am Flughafen von Ostrava (Tschechien) wurden noch bis zu 23,7 mm, im ukrainischen Uschgorod 24,0 mm und an der Station auf dem slowakischen Kojšovská hoľa bis zu 27,2 mm gemessen. Ehe es sich über Polen auflöste, konnte sich das Tief noch im östlichen Brandenburg mit dichten Wolken und geringem Regen bemerkbar machen. Schien in Westbrandenburg die Sonne oftmals bis zu 10 Stunden, kam sie im wolkenverhangenem Lindenberg und Manschnow kaum eine Stunde und im neblig-trüben Frankfurt (Oder) gar nicht zum Vorschein. Berlin war hingegen zweigeteilt: Während in Schönefeld vereinzelte Regentropfen registriert wurden und die Sonne 1,7 Stunden schien, blieb es an der nur knapp 17 Kilometer nordwestlich gelegenen Station Berlin-Dahlem bei bis zu 6,7 Sonnenstunden gänzlich niederschlagsfrei. Westlich Berlins blieb es ebenfalls trocken, in Lindenberg und Manschnow waren dagegen 24-stündig je 0,1 mm, bei Frankfurt (Oder) 0,8 mm und in Müncheberg knapp 2 mm gefallen. Im übrigen Deutschland überwog in einem breiten Streifen von der Ostsee bis nach Bayern und Baden-Württemberg ein freundlicher Wettercharakter, während der Westen des Landes durch das Frontensystem des bei Schottland liegenden Tiefs ANDREA geprägt war und nachfolgend in den Einflussbereich des Tiefs BRIGITTE gelangte.