Lebensgeschichte

 

Tiefdruckgebiet ZWI

(getauft am 17.12.2015)

 

Am 15. Dezember konnte am Rande eines umfangreichen Hochdruckgebietes über dem Nordosten von Kanada polare Kaltluft weit nach Süden fließen. In der Übergangszone zur warmen Luft bildete sich dabei eine sogenannte Wellenstörung aus. Um 01 Uhr MEZ befand sich diese Störung mit einem Druck von ca. 993 hPa knapp westlich von Neufundland und konnte sich zum 16. Dezember zu einem Tief verstärken. Dieses befand sich vor der Küste von Neufundland und erreichte einen Kerndruck von ca. 983 hPa. In der westlichen Höhenströmung verlagerte sich das Drucksystem rasch nach Osten in Richtung Europa. Daraufhin erfolgte die Taufe des Tiefs auf den Namen ZWI. Am 17. Dezember um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief ZWI mit einem komplexen Frontensystem ca. 1500 km südlich von Grönland und ca. 2800 km westlich von Portugal.

Ein Tiefdruckgebiet dreht sich gegen den Uhrzeigersinn und besteht meist aus einer vorlaufenden Warmfront, gefolgt von einer Kaltfront. Da die Kaltfront eine höhere Zuggeschwindigkeit aufweist, holt diese die Warmfront ein und es entsteht eine neue Front. Die neue entstandene Mischfront wird als Okklusion bezeichnet. Der Bereich zwischen der Warm- und Kaltfront heißt Warmluftsektor. In diesem werden mit südwestlichen Winden warme Luftmassen herangeführt. Die Zyklone ZWI wies zum Zeitpunkt der Taufe bereits eine kurze Okklusion auf. Hinter der relativ langen Kaltfront wurde sogar eine zweite Kaltfront analysiert. Dies ist ein Anzeichen, dass dem Tief eine rasche und intensive Verstärkung bevorsteht. Der Druck im Kern sank etwas und lag bei Werten um 980 hPa.

Zum 18. Dezember verlagerte sich die Zyklone nur um 500 km nach Osten. Es kam dabei zu einer starken Vertiefung des Kerndruckes. Dieser erreichte einen Wert von ca. 967 hPa. Weiterhin konnte eine kurze Okklusion sowie eine kurze Warmfront analysiert werden. Die beiden Kaltfronten vom Vortag vereinigten sich und erreichten eine Länge von ca. 4000 km. Besonders westlich des Kerns stellte sich eine starke Isobarendrängung ein. Isobaren beschreiben Linien gleichen Luftdruckes. Je dichter sich die Isobaren drängen, desto stärker ist auch der Wind, der zum Ausgleich dieser Druckunterschiede wehen muss. Auf einer Strecke von nur ca. 500 km stellte sich ein Druckgradient von über 55 hPa ein. Bis zum Abend des 18. Dezember erreichte die Warmfront von Tief ZWI Großbritannien und überquerte dabei Irland, Nord- und Mittelengland sowie Schottland. Bis um 19 Uhr MEZ fielen dort 12-stündig 2 bis 10 mm, im nordenglischen Shap auch bis zu 18 mm. Stärkere Windböen gab es im Zusammenhang mit der Warmfront nicht, maximal wurden 65 km/h gemessen. Mit Ankunft der Warmfront stiegen die Temperaturen im Tagesverlauf an. Am Mittag wurden 10 bis 12°C gemessen, um Mitternacht lagen sie bei ungewöhnlich warmen 10 bis 15°C.

Am 19. Dezember um 01 Uhr MEZ wies das Tief ZWI erneut eine komplexe Struktur auf. Die Zyklone konnte nun einen zweiten Kern aufweisen. Beide Kerne erreichten einen Druck von ca. 965 hPa. Vom nördlichen Kern verlief die Okklusion in nordöstlicher Richtung. Die Warmfront erstreckte sich von Schottland über London bis zum Ärmelkanal. Die Kaltfront erreichte wieder eine große Ausdehnung von ca. 3000 km und reichte von Schottland bis zu den Azoren. Vom südlichen Kern erstreckte sich eine zweite Okklusion nach Süden bis über die geografische Breite von Lissabon. Bis zum Abend verlagerte sich das Tief ZWI in Richtung Island, die Fronten erreichten Teile Skandinaviens sowie Norddeutschland. Die langgezogene Kaltfront blieb stationär über Großbritannien, kurzzeitig verlief sie rückläufig und wurde somit als Warmfront analysiert. Damit beschränkte sich das Einflussgebiet am 19. Dezember auf das südwestliche Skandinavien, Norddeutschland und Großbritannien. An der Westküste Norwegens kam es im Bereich des Okklusionpunktes zu intensiven Regenfällen. In diesem Punkt holt die Kaltfront die Warmfront ein. Bis 19 Uhr MEZ konnten in 12 Stunden an der Küste 10 bis 30 mm gemessen werden. Spitzenreiter war Bergen mit 38 mm. Ansonsten blieb es meist bei Mengen von 0,1 bis 5 mm. In Südschweden blieb es trocken. Dort wurden im Bereich des Warmluftsektors warme 10 bis 13°C gemessen. Die registrierten Windspitzen lagen bei 50 bis 85 km/h. Im Bereich des Okklusionspunktes wurden auch 85 bis 100 km/h verzeichnet. Fossmark vermeldete 97 km/h, Krakenes 104 km/h und damit Windstärke 11.

Der Wettereinfluss von Tief ZWI auf Deutschland blieb vorerst gering. Mit dem Übergreifen der Warmfront konnten in der Nacht zum 20. Dezember von den Niederlanden bis Schleswig-Holstein gerade einmal 0,1 bis 0,2 mm Regen gemessen werden. In Großbritannien gestaltete sich dies anders. Dort kam es an der stationären Kaltfront zu intensiven Regenfällen. In einem Streifen von Südschottland, Nordengland und Wales bis zur Südwestspitze Englands fielen bis 19 Uhr MEZ in 12 Stunden 10 bis 30 mm. Spitzenreiter war das walisische Capel Curig mit 32 mm. Im übrigen Großbritannien wurde 1 bis 5 mm gemessen, im Südosten Englands, wie beispielsweise in London, blieb es komplett trocken. Vorderseitig der Kaltfront wurden dort hohe Temperaturen gemessen. In der Nacht lagen die Minimumtemperaturen schon bei 10 bis 13°C, am Tag konnte bei rund einer Stunde Sonnenschein die Temperatur auf 14 bis 17°C ansteigen. Spitzenreiter war die Station London City Airport mit 17,0°C. Auch in den Beneluxstaaten und in Frankreich wurden vor der Kaltfront ungewöhnlich warme Temperaturen von 12 bis 17°C verzeichnet. Die Windspitzen erreichten 65 bis 85 km/h, an der irischen Küste und entlang der Kaltfront vereinzelt bis 100 km/h. Südöstlich der Kaltfront gab es keine stärkeren Böen.

Am 20. Dezember um 01 Uhr MEZ befand sich das Tief ZWI mit seinem Kern knapp südlich von Island. Der Druck erreichte Werte von 963 hPa. Die Okklusion erstreckte sich in östliche Richtung über Mittelnorwegen und -schweden bis über die nördliche Ostsee. Die Warmfront reichte von der finnischen Südwestküste bis nach Minsk. Die Kaltfront, welche über der Nordsee rückläufig war, erstreckte sich vom Okklusionspunkt über Südschweden, Wales, dem Ärmelkanal, Westportugal bis zu den Azoren.

Im Tagesverlauf verlagerten sich die Fronten nach Osten. Dabei befand sich am Abend die Okklusion über Ostfinnland, die Warmfront über Westrussland und die Kaltfront reichte von der Ostsee über den Ärmelkanal und Westfrankreich bis über das westliche Spanien.

Mit Durchgang der Kaltfront fielen bis 19 Uhr MEZ in Portugal und im Westen Spaniens 2 bis 10 mm, stellenweise gab es kräftige Schauer und Gewitter. Das portugiesische Beja registrierte 12 mm, das spanische Alaja 16 mm und das ebenfalls spanische Merida 19 mm. Die Höchstwerte erreichten entlang der Kaltfront nur 9 bis 12°C, Sonne gab es in diesen Regionen keine. Im Osten Spaniens reichte es vor der Front bei 5 bis 9 Sonnenstunden für 16 bis 22°C. Madrid vermeldete beispielsweise 16°C und Bilbao 19°C. Nach Durchzug der Kaltfront gab es in Nordwestspanien und Westportugal 5 bis 6 Stunden Sonne, dort erreichten die Höchstwerte 14 bis 19°C. Stärkere Windböen gab es mit Frontendurchgang keine. In Nordwestfrankreich gab es bis 19 Uhr MEZ 12-stündig 0,2 bis 5 mm. In der Bretagne gab es dabei Windböen von 55 bis 75 km/h. Dort wurden bei 0 bis 2 Sonnenstunden 12 bis 14°C, im übrigen Frankreich ungewöhnlich milde 14 bis 21°C gemessen. Im Südosten Englands registrierte man im selben Zeitraum 2 bis 7 mm Regen, in Charlwood bis 12 mm. Aber auch im übrigen Großbritannien bildeten sich in der labilen Luftmasse Schauer, sodass verbreitet 2 bis 10 mm gemessen wurden. Die Höchstwerte erreichten im Südosten Englands 12 bis 14°C, kaltfrontrückseitig meist 8 bis 11°C. Die Windspitzen lagen meist bei 55 bis 85 km/h, das walisische Aberdaron meldete 98 km/h. In Deutschland blieb es bis zum Abend trocken und ungewöhnlich mild. Die Höchstwerte lagen 10 bis 16°C, nur in Donaunähe blieb es in Bayern bei 3 bis 5°C. Freiburg erreichte 16,2°C, der Hohenpeißenberg verzeichnete bei einem wolkenlosen Himmel einen Rekordwert von 17,7°C. In Skandinavien wurden verbreitet 0,1 bis 5 mm gemessen. Entlang der norwegischen Westküste wurden durch Staueffekte 20 bis 38 mm gemessen. Trocken blieb es erneut nur in Südschweden. Entlang der Warmfront fielen in den Baltischen Staaten und im Westen Russlands bis 19 Uhr MEZ 12-stündig ebenfalls 0,1 bis 5 mm. Sankt Petersburg registrierte 2 mm, Tallinn 4 mm und das russische Tihvin 5 mm. Die Höchstwerte lagen in Norwegen, Mittel- und Südschweden, Südfinnland und den Baltischen Staaten bei milden 10 bis 13°C, im Westen Russlands gab es 6 bis 10°C. Moskau beispielsweise verzeichnete mit 6°C deutliche Plusgrade, sodass von 11 cm Schneedecke, die am Morgen des 19. Dezember gemessen wurden, am 20. Dezember nur noch 5 cm lagen. Am Morgen des 21. Dezember war die Schneedecke bereits komplett geschmolzen. Die gemessenen Windböen erreichten in Südnorwegen, Südschweden, Estland und Lettland 55 bis 75 km/h, an der norwegischen Westküste auch bis 100 km/h.

Am 21. Dezember spaltete sich das Tief ZWI auf und wies zwei Kerne auf. Ein Kern befand sich über den Färöer-Inseln mit einem Druck von ca. 973 hPa. Der zweite Kern wurde über Nordnorwegen mit einem Druck von ca. 978 hPa analysiert. Beide Kerne waren durch eine Okklusion verbunden. Die Warmfront befand sich über dem Westen Russlands, die lange Kaltfront erstreckte sich von Südfinnland über Tallinn, Hamburg, Madrid bis Rabat. Bis zum Tagesende verlagerte sich die Kaltfront rasch nach Osten und schwächte sich dabei ab. Am Abend reichte sie vom Westen Russlands über Ostpolen bis Ungarn. Bis 19 Uhr MEZ gab es 12-stündig in einem Streifen von Litauen, Weißrussland, Polen, Südostdeutschland, Tschechien, Schweiz bis Südostfrankreich 1 bis 15 mm Regen. So verzeichneten Minsk 4 mm, Wilna 7 mm, Warschau 1 mm, Berlin 3 mm, Prag 1 mm, Freiburg 5 mm, Lausanne 6 mm und Amberieu 15 mm. Eine starke Abkühlung brachte die Kaltfront nicht mehr. In diesem Bereich erreichten die Höchstwerte 6 bis 13°C, in Südostfrankreich bis 15°C. Sonnenschein wurde in diesen Regionen nicht beobachtet. Stärkere Windböen gab es mit Durchgang in der Südosthälfte Deutschlands. Verbreitet wurden 50 bis 80 km/h registriert. Potsdam verzeichnete beispielsweise 68 km/h, Erfurt 74 km/h und Freiburg 50 km/h. Entlang der Warmfront fielen im Nordwesten Russlands 1 bis 9 mm, auch in Mittelfinnland konnten 1 bis 4 mm gemessen werden. Bei deutlichen Plusgraden fiel der Niederschlag meist als Regen, Moskau erreichte zum Beispiel milde 10°C. Nur in Nordfinnland und auf der Halbinsel Kola konnte bei leichtem Dauerfrost von 0 bis -2°C etwas Schnee fallen. Höhere Niederschlagsmengen fielen in der Nähe der Okklusion in Mittelnorwegen. 3 bis 16 mm wurden registriert, Spitzenreiter waren Tjotta und Vega-Vallsjoen mit 12-stündigen Mengen von jeweils 16 mm. Stärkere Windböen blieben an der Warmfront und Okklusion aus.

Am 22. Dezember um 01 Uhr MEZ wurde der Kern von Tief ZWI über dem nördlichen Schweden analysiert. Der Druck im Kern betrug ca. 978 hPa. Der ehemals zweite Kern des Tiefs spaltete sich vollständig ab und befand sich zu diesem Zeitpunkt mit seinem Frontensystem nahe dem Ural. Die von Ost nach West verlaufende Okklusion ging nach Westen in das Frontensystem des Islandtiefs AREND und nach Osten in jenes eines unbenannten Nordmeertiefs über. Die Wetteraktivität war dabei gering, maximal fiel noch 1 mm. Bis zum Mittag löste sich das Tief ZWI komplett auf.

 

 

Geschrieben am 17.02.2016 von Dennis Schneider

Berliner Wetterkarte: 20.12.2015

Pate: Abraham-Zwi Wallenstein